Berlin - Der Krieg, die Flucht in den Westen, der totale Neubeginn in fremder Umgebung - Leonie Ossowski, Tochter eines Gutsbesitzers in Niederschlesien, kann diesem Werdegang durchaus Positives abgewinnen. "Die Flucht hat mich am stärksten geprägt, und zwar zum Vorteil", sagt die Schriftstellerin, die am Dienstag, 15. August, 75 Jahre alt wurde. Fortan nahm sie sozial benachteiligte Menschen anders wahr, engagierte sich zeitweise auch als ehrenamtliche Bewährungshelferin. In ihrem Buch "Die große Flatter" (1977) beschrieb sie das Leben zweier Jungen aus dem Obdachlosen-Milieu, was ihr den Ruf einer "literarischen Sozialtante" einbrachte. "Mit meinen Büchern will ich Themen unter die Menschen bringen, die sie sonst vermeiden", räumt Leonie Ossowski ein. Das Leben ist trivial "Das Leben ist trivial, und sie zeichnet es so, wie es ist", schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung einmal über sie. "Trivial" ist für die Autorin zahlreicher Romane, Dreh- und Jugendbücher gleichwohl ein Schimpfwort. Sie bezeichnet sich lieber als Autorin gesellschaftspolitischer Unterhaltungsliteratur. "Aber unterhaltsam muss es schon sein, sonst können die Leute ja gleich Sachbücher lesen", sagt Leonie Ossowski. Rund 50 Jahre ist sie jetzt als Schriftstellerin tätig. Ihre ersten Geschichten verfasste sie mit Mitte zwanzig, das neue Werk mit dem Titel "Die schöne Gegenwart" erscheint im kommenden Frühjahr. Es handelt von der Situation alter Menschen in Deutschland. Leonie Ossowski recherchierte dafür in Altersheimen, verarbeitete aber auch - wie in vielen ihrer Bücher - eigene Erfahrungen. "In jedem Buch ist ein Stück von mir" "In jedem Buch ist ein Stück von mir", sagt sie deshalb. So gab 1974 ein Besuch in ihrem Heimatdorf im heutigen Polen den Anstoß zu einer Familiensaga, die das deutsch-polnische Verhältnis zum Thema hat. "Weichselkirschen", "Wolfsbeeren" und "Holunderzeit" heißen die Bände ihrer Schlesien-Trilogie. Ein Ende ihrer schriftstellerischen Arbeit ist nicht in Sicht. Das nächste Buch hat sie bereits angefangen, will über den Inhalt aber noch nichts verraten: "Über ungelegte Eier redet man nicht." (APA)