Bagdad/Teheran/Wien – Diesmal bemühten sich die Iraner sogar in die Internationale Zone (Grüne Zone) in Bagdad, um die Amerikaner zu treffen: Sie gilt als Territorium der „Besatzer“, obwohl sich auch wichtige irakische Institutionen dort befinden, wie das Büro des Premiers und das Gebäude, in dem das Parlament tagt. Delegationsleiter waren, wie bei der ersten Runde am 28. Mai, US-Botschafter Ryan Crocker und sein iranischer Kollege Hassan Kasemi Komi.

Die Botschafter der beiden Länder, die seit 27 Jahren keine diplomatischen Beziehungen mehr unterhielten, einigten sich am Dienstag dann auf ein konkretes Ergebnis: Man will einen „Sicherheits-Untersuchungsausschuss“ einsetzen, der sich um die Verbesserung der Sicherheitslage im Irak bemühen soll.

Laut Meldungen ging es zu Beginn des Treffens, bei dem auch irakische Offizielle zugegen waren, hoch her, als Crocker Iran vorwarf, die USA bekämpfende schiitische Milizen im Irak militärisch zu unterstützen, was Kasemi Komi zurückwies. Teheran beschuldigt seinerseits die USA, Unruhe im Iran zu schüren und Gruppen zu fördern, die einen „regime change“ betreiben.

Auch wenn es offiziell nicht darum ging, sie saßen dennoch unsichtbar mit am Tisch in Bagdad: die von den USA im Irak festgehaltenen Iraner, und die US-Gefangenen (iranischer Herkunft) im Iran. Im Jänner hatte die US-Armee in Erbil fünf Iraner verhaftet, laut Teheran Diplomaten, laut USA Angehörige der Kuds-Armee, einer zu den iranischen Revolutiongarden gehörenden Truppe, die den Aufstand im Irak unterstütze. Seitdem präsentiert die US-Armee im Irak regelmäßig mutmaßliche Beweise für die Involvierung der Iraner in Gewalt im Irak.

US-Iraner im Visier

Selbstverständlich würde Teheran jede Verbindung zurückweisen, aber fest steht, dass im Iran in den vergangenen Monaten mindestens vier Amerikaner iranischer Herkunft verhaftet wurden, alle unter dem Vorwand, dass sie gegen den Iran agitieren. Das heißt, es handelt sich allesamt um Vorwürfe aus dem Staatssicherheitsbereich, die mit Höchststrafen geahndet werden könnten, sollte es zu Verurteilungen kommen.

Einer der Fälle betrifft auch Österreich: Haleh Esfandiari, Direktorin der Nahostabteilung des Woodrow Wilson Center in Washington, hielt sich, als sie zuerst an ihrer Ausreise gehindert und später festgenommen wurde, gerade in Teheran auf, um ihre aus Österreich stammende über 90-jährige Mutter zu besuchen. Haleh Esfandiari hat auch in Österreich studiert.

Sollte Teheran die verhafteten Amerikaner als „Verhandlungsmasse“ im Streit um die im Irak von den USA festgehaltenen Iraner betrachten, dann wäre das eigentlich noch eine gute Nachricht. Denn es gibt ernsthafte Anzeichen für eine neue Kampagne stalinistischen Stils im Iran, die darauf abzielt, mit einem feinmaschigen Netz alle vermeintlichen Verräter einzufangen.

Gefährdet ist im Grunde jeder, der einmal mit Individuen oder Institutionen zu tun gehabt hat, die die Islamische Republik Iran kritisch diskutieren. Esfandiari etwa wird vorgeworfen, dass das Wilson Center mit der Soros-Stiftung kooperiert. In iranischen konservativen Medien sind Namen auch von europäischen Forschungseinrichtungen aufgetaucht, die, weil sie Iran-Konferenzen veranstaltet haben, als Helfershelfer eines geplanten US-Umsturzes denunziert werden.

Für die iranische Akademia bedeutet das, dass sie notgedrungen ihre Kontakte einstellen muss, um sich nicht in Gefahr zu bringen. Iraner auf westlichen Konferenzen werden in Hinkunft eine rare Spezies sein (außer es handelt sich um „sichere“ Bereiche, in denen politische Bezüge nicht herzustellen sind).

Ganz neu sind solche Probleme nicht: Nach einer Iran-Konferenz der Böll-Stiftung in Berlin im April 2000 waren Teilnehmer nach ihrer Rückkehr nach Teheran verhaftet worden. Der danach zu zehn Jahren verurteilte Regimekritiker Akbar Ganji ist inzwischen aus der Haft entlassen. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 25.7.2007)