Wien – Ein Jawort hat oft lebenslange Folgen: Auch Fanny Prices (Frances O'Connor) soziale Lage ist das Resultat der Mesalliance ihrer Mutter, die einst aus Liebe heiratete, während ihre beiden Schwestern sich von vernünftigeren Erwägungen leiten ließen. Nun ist Fannys Tante Norris eine geachtete Pfarrerswitwe und lebt im Haushalt ihres reichen Schwagers (den hier der britische Dramatiker Harold Pinter verkörpert). Und Fanny wird von ihrer verarmten Familie in ihre Obhut nach Mansfield Park überstellt.

Mansfield Park basiert auf Jane Austens gleichnamigem drittem Roman, den sie 1814 nach Pride & Prejudice veröffentlichte. Patricia Rozemas Verfilmung – abgesehen von einer BBC-Serie übrigens die erste dieses Stoffes – stellt die strukturellen Zusammenhänge in den Vordergrund und weniger die Dialoge, das für die Autorin charakteristische Figureninventar oder die klassischen Handlungselemente von Heiratsplanung und den dabei auftretenden Verwirrungen zwischen Verstand und Gefühl.

So konfrontiert der Film Fanny etwa gleich zu Beginn mit Hinweisen darauf, dass ihr wohlhabender Onkel sein Geld mit Sklavenhandel verdient. Die beiläufige Bemerkung über die geheimnisvolle "schwarze Fracht" bleibt lange ebenso unergründlich wie gegenwärtig, bis sich der Widerspruch zwischen gepflegter Kultiviertheit und ihren verheimlichten gewalttätigen Grundlagen schließlich im völligen Zusammenbruch des ältesten Sohnes und Erben von Mansfield Park ausdrückt.

Zu diesem Zeitpunkt hat sich auch die "missliche Differenz" zwischen Fanny und ihren gleichaltrigen Verwandten längst konkret manifestiert. Rund um den Heiratsantrag eines – in Fannys Augen zweifelhaften – Bewerbers bricht ein offener Machtkampf zwischen der jungen Frau und ihrem Onkel aus, der die Grenzen liberaler Gesinnung dort zieht, wo die mittellose Fanny das Recht auf freie Entscheidung für sich einfordert.

"Werde verrückt, so oft du es willst, aber werde nicht ohnmächtig", lautet Fannys Leitsatz. Die Regisseurin räumt ihrer Heldin die Position einer hellsichtigen Kommentatorin ein, die sich über die Korrespondenz mit ihrer jüngeren Schwester oder auch in direkter Wendung zum Publikum mitteilt. Fannys Platz am Rande der kleinen Gesellschaft bedeutet aus der Warte des Films mitunter auch eine produktive Sonderstellung, denn aus der Distanz erhalten hier die Dinge oft erst Klarheit.

Vielleicht als Kontrast dazu hat die Kanadierin Rozema, die 1987 mit ihrem Regiedebüt I've Heard the Mermaids Singing als Independent-Filmerin reüssierte, auch in ihrem aktuellen Film ihre Vorliebe für wässrige Bilder und Zeitlupensequenzen beibehalten. Oder für extreme Großaufnahmen, die den Blick nah an Oberflächen, ihre Webart, ihre Maserung oder ihre taktilen Qualitäten führen. Das passt gut zu diesem eigenwilligen "Kostümfilm", der der Erzählung die äußeren Attribute ihrer Entstehungszeit lässt, sie mit seiner beweglichen Perspektive jedoch auch aus einem rein historischen Kontext löst und lebendig hält. (Isabella Reicher)