Deshalb gibt Alfred Gusenbauer den von ihm in der Regierungserklärung versprochenen Nachhilfeunterricht ohne breite Öffentlichkeit.

Wien – Er tut es. Ganz im Stillen zwar, fast schon im Geheimen, aber er tut es. Nachhilfe erteilen. Wie versprochen. Und diesmal angeblich nicht gebrochen.

Bei seiner ersten Regierungserklärung am 16. Jänner 2007 überraschte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer mit der Ankündigung, dass er sich an dem von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (VP) erstellten Modell zur Studiengebühren-Rückerstattung persönlich beteiligen wolle: "Ich möchte mich auch an dem beteiligen, was ich anderen empfehle und was ich für zumutbar halte". Er werde, erklärte Gusenbauer, "einmal in der Woche an einer Wiener Schule gratis Nachhilfestunden geben".

Die Aufregung war groß, ebenso der Spott. Sozialdienst statt Studiengebühren war die erste, etwas missverständliche Botschaft der Regierung, da meldeten sich gleich einmal Freiwillige Feuerwehr und dutzende Blasmusikkapellen vom Land. Mittlerweile wurde eingeschränkt und präzisiert, für welche Tätigkeit tatsächlich die Studiengebühren rückerstattet werden (siehe nebenstehendes Wissen).

Nur vage Angaben

Über Gusenbauers Nachhilfeaktion gibt es nur vage Angaben. Anders als zu erwarten gewesen wäre, nämlich ein quotenträchtiges PR-Spektakel in großer Öffentlichkeit daraus zu machen, zieht es der Kanzler vor, den noblen Mantel des Schweigens über seine persönliche Sozialarbeit zu breiten. Er gibt mehreren Kindern in seiner Privatzeit Nachhilfeunterricht, mehr möchte er nicht verlautbaren lassen. Man müsse nicht alles ausschlachten.

"Wir wollen die Kinder schützen", erklärt der Pressereferent des Bundeskanzlers, Sven Pusswald. Daher gibt es auch keine konkreten Angaben, wer tatsächlich in den Genuss der Nachhilfestunden des Bundeskanzlers kommt und welche Fächer er denn unterrichte. Ob seine Schüler Kinder mit migrantischem Hintergrund sind oder aus bildungsfernen Schichten kommen, wie das auch für das Modell zur Rückerstattung der Studiengebühren vorgesehen ist, soll ebenfalls nicht verraten werden.

Seine Nachhilfeschüler dürften sich auf jeden Fall glücklich schätzen, denn dem Bundeskanzler mache sein Nebenjob jedenfalls viel Freude und er werde ihn auch im folgenden Jahr fortsetzen. Schüler, die ab Herbst gerne Nachhilfe beim Bundeskanzler nehmen wollen, dürften es allerdings schwer haben: Denn konkrete Informationen, welche Fächer und welche Altersstufe der Bundeskanzler unterrichtet und wie viele Stunden er pro Woche für seine Nachhilfeschüler Zeit hat, sind schwierig zu ergattern. Auch wie hoch die Erfolgsquote bei Nachhilfelehrer Gusenbauer ist, bleibt im Dunkeln.

Wer dennoch Nachhilfestunden vom Oberlehrer der Nation in Erwägung zieht, kann sich über die Homepage des Bundeskanzleramts mit Alfred Gusenbauer in Verbindung setzen, wo "Anregungen und Vorschläge jederzeit gerne entgegengenommen werden". Die Erfolgsaussichten seien aber nicht sehr hoch, da der Kanzler sehr selektiv vorgehe, um nicht für politische Aktionen vereinnahmt zu werden.

Politische Nachhilfe

Leichter dürfte es für Schüler sein, Nachhilfe zum Thema Bundeskanzleramt zu bekommen: So empfängt der Kanzler einmal wöchentlich eine Schulklasse und beantwortet Fragen zu seinem politischen Alltag. Auf Anfragen der Schulen wird wöchentlich eine Klasse ausgewählt. Das ist keine Nachhilfe in schulischen Belangen, aber politische Bildung aus erster Hand.

Heute, Dienstag, wird eine Klasse aus Tschernobyl unter dem Motto "Das 1000. Kind aus Tschernobyl" ins Bundeskanzleramt kommen. Öffentlichkeit ist bei dieser Aktion gerne willkommen. Vorige Woche war eine Schulklasse mit dem Projekt "Run for Kids" beim Bundeskanzler auf Besuch. Idee des vorgestellten Projekts war, dass die Kinder – durch Wien laufend – für bedürftige Kinder Geld sammeln. (Lea Müller-Funk, DER STANDARD – Printausgabe, 24. Juli 2007)