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Schon die schwarz-blaue Regierung dokterte an dem umstrittenen Eurofighter herum, um ihn möglichst billig zu machen.

Foto: AP/Leodolter
STANDARD
Zuerst dokterte die schwarz-blaue Regierung an dem bestellten Kampfflieger herum, um einen "günstig" scheinenden Preis vorzuzeigen. Nun hat der rote Verteidigungsminister weitere Funktionen abbestellt, damit er billiger wird: Was der Austrofighter alles nicht mehr kann.

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Wien – Die Demontage begann nicht erst unter Norbert Darabos, wie der Koalitionspartner ÖVP dieser Tage gerne glauben machen will. Schon nach dem Hochwasser im Sommer 2002 dokterte die schwarz-blaue Regierung an dem umstrittenen Eurofighter herum, um ihn möglichst billig zu machen. Und schon damals fielen in der ursprünglichen Konfiguration vorgesehene Leistungen weg – einige davon wären für etwaige Auslandseinsätze notwendig gewesen. Vor allem hätte die ursprünglich ausgeschriebene und bestellte Variante solche Einsätze (etwa zur Überwachung von Flugverbotszonen, die die UNO verhängt) durch die größere Stückzahl von 24 überhaupt erst ermöglicht.

Seit 2002 wurde dann am Vertrag herumgeschraubt.

Der Standard hat recherchiert, wo der 23,5 Tonnen schwere Vogel im Laufe der Jahre überall Federn lassen musste – und weshalb er sich nun selbst bei seiner Kernaufgabe, der Luftraumüberwachung, etwas schwer tut.

Drei Zusatztanks mit 1000, 1500 oder sogar 2000 Litern Sprit hätten eigentlich auf den Bauch des Eurofighter gepasst.

Doch die Flutwelle von 2002 schwappte nicht nur 6 der ursprünglich 24 bestellten Stück Abfangjäger weg, sondern auch die Tanks – und damit eine wesentliche Voraussetzung für Langstreckenflüge oder Langzeiteinsätze. Folge: Bei Intensiveinsätzen, nicht nur bei einer so genannten „Combat Air Patrol“ (CAP), sondern auch bei Events wie der Fußball EM 2008, muss der Eurofighter nun eine Stunde früher als ursprünglich vorgesehen zurück auf den Boden – um wieder vollzutanken.

Um dem Abfangjäger die Bedrohlichkeit zu nehmen, bestellte man auch die eingespeicherten „Bedrohungsbibliotheken“ ab, eine Software, mit der der Pilot verdächtige Flugobjekte schneller und besser einordnen kann.

Hier handelt es sich um hochsensible Daten, die sich die einzelnen Luftwaffen über Jahre erarbeiten und die gegebenenfalls teuer eingekauft werden müssten. Schon am 10. Dezember 2004 schlug ein internes Papier des Verteidigungsministeriums vor, auf diese Fähigkeit zu verzichten.

Das Einsparungspotenzial wurde damals mit 31 Millionen Euro beziffert. Die Argumentation lautete: Bei reinen Inlandseinsätzen ist diese Art der Freund-Feind-Kennung nicht so bedeutend, weil man ja bei jedem Alarmstart davon ausgehen muss, dass die Luftraumverletzung durch einen unautorisierten Eindringling erfolgt.

Allerdings würde sich Österreich noch weiter die Möglichkeit verbauen, bei künftigen Auslandseinsätzen mit Hochtechnologie dabei zu sein. In dieselbe Richtung weist auch die 2004 in einem Planungspapier niedergeschriebene Überlegung, auf den „Missile Approach Warner“ (der Piloten warnt, wenn ihr Jet angegriffen wird) und auf die Radarbibliothek (mit deren Hilfe fremde Flieger auf größere Entfernung an ihrer Radar-Signatur erkannt werden können) zu verzichten.

Die von Verteidigungsminister Norbert Darabos verhandelten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit waren also bereits unter seinem Vorgänger Günther Platter angedacht worden.

Darabos selbst ging nicht gerade zimperlich vor. Der SPÖ-Verteidigungsminister zwickte dem austriakischen Eurofighter im Zuge der Verhandlungen mit dem Hersteller EADS das sogenannte „Pirate System“ ab, das sich links der Frontscheibe des Cockpits befindet. Weil das angeblich eine Ersparnis von 40 Millionen Euro brachte.

Kein Wunder: Mit dem ausgeklügeltem System hätte der Pilot auf große Entfernung selbst bei Nacht und Nebel Flugzeuge sofort identifizieren können – konkret bei einer Distanz von 40 Kilometern. „Nun aber ist der Eurofighter in der Nacht genauso blind wie schon der Draken oder die Schweizer F-5“, wie Georg Mader vom Militärjournal Janes Defence Weekly erklärt.

Eingerichtet ist der Eurofighter auch darauf, Luftziele in einer über den Horizont hinausweisenden Distanz zu bekämpfen. Schon unter Schwarz-Blau wurde davon abgegangen, das amerikanische AMRAAM-System dafür zu kaufen – man wollte auf die ab etwa 2013 verfügbare europäische Entwicklung Metéor warten. Diese allerdings braucht jene Computer, die erst für die Tranche II geliefert werden (und ursprünglich gratis nachgerüstet werden sollten).

Keine entsprechenden Computer bedeutet: keine Aufwuchsfähigkeit für Szenarien, die vielleicht in drei oder vier Jahrzehnten eintreten könnten. Es bedeutet aber auch:_Man verzichtet auf die Teile der Aufklärungs-Elektronik, die erst mit dem Waffensystem einsetzbar sind.

Dasselbe gilt prinzipiell auch für die (bestellte) Iris-T. Um Darabos’ Deal anzupatzen, streuten die Schwarzen unlängst, dass der rote Minister die 25 Luft-Luftraketen „Iris-T“ um 400.000 Euro das Stück nun verrosten lassen müsse, weil er sich Flieger der Tranche I statt der bestellten Tranche II andrehen habe lassen. „Stimmt nicht“, sagt Militärexperte Mader: „Sie ist auf den 15 Darabos-Jets jetzt halt eine bessere Sidewinder.“ Der Experte meint damit jene Lenkwaffen, die schon am Draken drauf waren. Und damit kann der Eurofighter kaum besser abfangen als der altersschwache Abfangjäger. (von Conrad Seidl und Nina Weißensteiner/DER STANDARD, Printausgabe, 25.7.2007)