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Mit einem kurzen Sitzstreik demonstrierte das so genannte "Peloton der Anständigen", in dem sich auch der eine oder andere Unanständige befinden mag, gegen Doping.

Foto: Reuters/Gaillard

Orthez - Polizei-Razzia, Rückzug einer gesamten Mannschaft und nur ein Thema: Doping. Die 94. Tour de France wandelt mit dem tiefen Fall von Alexander Winokurow auf den Spuren der Skandal-Tour von 1998 und legt offen: Die Hauptdarsteller im Radsport haben nichts gelernt. "Der Radsport ist am Ende. Es muss etwas Neues kommen", sagte Tour-Legende Eddy Merckx. Der Vollständigkeit halber: Bevor Merckx 1969 seine erste Tour gewonnen hatte, war er im Giro positiv getestet und als Führender aus dem Rennen genommen worden.

Sarkasmus bei Gerolsteiner und "Peloton der Anständigen"

Hans-Michael Holczer, Manager des Teams Gerolsteiner, gab sich am Mittwoch vor dem Start zur 16. Etappe in Orthez sarkastisch: "Gestern habe ich gesagt: Wir stehen am Abgrund. Heute sind wir einen Schritt weiter." Am Mittwoch flog mit dem Italiener Cristian Moreni (Cofidis) der nächste Doper erwischt, er hat mit Testosteron nachgeholfen. Winokurow wiederum dürfte nicht nur nach dem Zeitfahrsieg, sondern auch nach dem Etappenerfolg am Montag des Fremdblut-Dopings überführt worden sein.

Als Rasmussen, selbst im Fokus der Doping-Vorwürfe, am Mittwoch zur letzten Pyrenäen-Etappe startete, wurde er von vielen Fans ausgepfiffen. Auch durch das Fahrer-Feld geht mittlerweile ein tiefer Riss. Die Profis jener acht Mannschaften, die sich am Dienstag zur "Bewegung für einen sauberen Radsport" vereint hatten, starteten erst mit mehreren Minuten Verzögerung hinter der Gruppe um Rasmussen und seinem Rivalen Alberto Contador als "Peloton der Anständigen". "Wir haben die Nase voll", sagte der Franzose Ludovic Turpinder.

Die beiden deutschen Teams T-Mobile mit dem Österreicher Bernhard Eisel und Gerolsteiner mit den Österreichern Bernhard Kohl und Peter Wrolich gehörten dazu.Bei einem Abstecher ins spanische Baskenland blieb übrigens die Explosion zweier kleinerer, mutmaßlicher ETA-Sprengsätze vom Tour-Tross unbemerkt, er hatte die Strecke bereits passiert. Offensichtlich wurde niemand verletzt.

Tour-Direktor Christian Prudhomme beließ es beim Plädoyer für eine "ethische Revolution". Trotz drohender Regress-Ansprüche hätte er Rasmussen ausschließen können - er tat es nicht. Die französische Sportministerin Roselyn Bachelot erhob schwere Vorwürfe gegen den Rad-Weltverband UCI. "Wir können deren Nachlässigkeit nur beklagen", sagte sie dem Sender RTL. "Es gibt mit Sicherheit Teams, denen man keine Starterlaubnis hätte erteilen sollen."

 

Makabrer Humor

Winokurow hatte zuletzt makabren Humor bewiesen. Mit der Theorie konfrontiert, er habe Blut seines Vaters, der ihn bei der Tour besuchte, injiziert bekommen, sagte er der L'Équipe am Mittwoch: "Kann nicht sein, denn dann wäre ich sofort auf Wodka positiv gewesen." Fremdblut-Doping gilt als eine der gefährlichsten Praktiken, der deutsche Fußball-Teamarzt Tim Meyer sagte im ZDF-Morgenmagazin: "Mich hat es geschaudert, als ich davon erfuhr. Das kann heftigste allergische Schockreaktionen hervorrufen."

Haselbacher "schockiert"

Andreas Klöden, der erst die Tour gewinnen und dann wenigstens wieder aufs Podest in Paris kommen wollte, verließ am Dienstag als letzter Astana-Fahrer das von rund 30 Polizisten umstellte Mannschafts-Hotel in Pau. Seine sportliche Zukunft steht - wohl ebenso wie jene seines burgenländischen Teamkollegen Rene Haselbacher - in den Sternen, weil mit der Auflösung des Astana-Teams zu rechnen ist, obwohl Team-Manager Marc Biver das gegenteilig lautende Versprechen des kasachischen Verteidigungsminister Danijal Achmetow dagegensetzte. "Wir hängen derzeit alle in der Luft", sagte Haselbacher, der zum Dopingfall Winokurow meinte: "Ich bin schockiert."

Winokurow hatte bei der Tour eine Achterbahn-Fahrt im Stil des im Vorjahr überführten Floyd Landis hingelegt. Am Samstag gewann er das Zeitfahren in Albi, am Folgetag auf dem Plateau de Beille verlor er 28:50 Minuten auf den Tagessieger Contador, um am Montag in der Pyrenäen-Etappe in Loudenvielle im Alleingang zu triumphieren.

Der Tour-Ausstieg von ARD/ZDF nach dem positiven T-Mobile-Fall Sinkewitz wurde in Deutschland von Fans (59 Prozent) und Parteien (mit Ausnahme der FDP) begrüßt. Profitiert hat in erster Linie Eurosport, das wie SAT1 auf Marktanteile von fünf bis neun Prozent kam. (APA/dpa/sid/red)