Die Notwendigkeit der Landtage zu hinterfragen ist tatsächlich eine Initialzündung, wie Michael Fleischhacker schrieb (STANDARD, 12./13. 8.). Die daraus folgende Explosion könnte fatal sein.

Als Staatsbürger, der wie andere auch in einem kleinen Ort aufgewachsen ist, sind mir die unmittelbare Heimat, die Bezirks- und die Landeshauptstadt näher als das ferne Wien. Wien als Kulturstadt mit internationalem Flair ist für mich nicht wegzudenken. Wien als Verwaltungszentrum und (ungastlicher) Hort der Hochbürokratie kann mir erspart bleiben.

Die Leistung der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien bzw. Bundesdienststellen ist sicherlich notwendig. Denn an sich kann den dort arbeitenden Menschen nichts Böses unterstellt werden. Jeder einzelne versucht, so die Annahme, seinen Job zu machen.

Niemand zuständig

Wer aber jemals von der Ministerialbürokratie Auskunft oder konkrete Leistungen erbat, kann Bände schreiben. Nur zu oft ist der Sachbearbeiter nicht erreichbar, da gerade hinausgegangen oder bereits zu Hause. Und der stellvertretend erreichte Ministerialbeamte ist nicht zuständig und kennt sich natürlich nicht aus. Aufschreiben kann der Betreffende auch nichts, denn er hat ja selbst seine kaum bewältigbare Arbeit. "Vielleicht", so die wohlklingende Empfehlung, "probieren Sie es halt später noch einmal!"; "oder besser, ein E-Mail?!": MA 24 12 lebt!!!

Nein, derartige Zustände brauch' ich nicht. Diese Verwaltungsebene, also die des Bundes, kann auf ein Minimum reduziert werden.

Und so nebenbei, die Dienstverrichtung in einem Ministerium bzw. einer Bundesdienststelle bringt nicht zwingend zum Ausdruck, dass der Betreffende besondere Qualifikationen aufweist. Häufig ist es zum Beispiel die Ortsansässigkeit, der privat-ökonomische oder der Berufszwang, der einen hochqualifizierten Mitarbeiter aus dem Land nach Wien - in eine höhere Verwendung - lockt. Die hohen Funktionsklassen befinden sich bekanntermaßen in den Ministerien.

Zu oft folgt die Ernüchterung auf dem Fuß, denn in Wien sind die Arbeitsbedingungen meist schlechter als davor, der erhoffte Gehaltszugewinn nicht zutreffend oder geringfügig. Letztlich ist für einen Durchschnittsverdiener eine zweite Familienwohnung nicht finanzierbar, oder er gibt seinen ursprünglichen Wohnsitz auf. Und so bleibt die Trennung von der Familie und vom sozialen Umfeld. Beide erhellen nicht die einsamen Abende fern der Heimat. Im schlechtesten Fall bleiben Frustration und private Zerrüttung. Zuletzt präsentiert noch der Familienrichter die Rechnung, denn bloßer Berufsvorteil oder gar Pflichterfüllung zerrütten die Ehe vorsätzlich. Spruch: "Schuldig geschieden mit Unterhaltspflicht für Frau und Kinder!"

Über eine derartige Berufsveränderung nach Wien waren und sind wohl die wenigsten wirklich glücklich. Nun, seit wenigen Jahren, lockt die Ebene der Europäischen Union. Bevor also ein engagierter Mitarbeiter oder "höherer Beamter" nach Wien geht, wird er Verwendungsmöglichkeiten in Brüssel ausloten. Denn dort winken noch höhere Dotierungen. Für Wien, die Ministerien und Bundesdienststellen, besteht die Gefahr, dass mittelfristig der Rest bleibt.

Die Landesebene hat Jahre hindurch ausgezeichnete Gesetze erlassen und ebenso verwaltet. Budgetdefizite sind auf dieser Ebene eher die Ausnahme, was auch in der Aufgabenstellung liegt. Aber der Rechtfertigungsdruck ist höher als auf der anonymen Bundesebene. Und auch ohne direkte Bevormundung durch den Bund bringt die Landesebene den Bürgern im Bundesland die legistischen Absichten der Europäischen Union nahe. Näher vermutlich als eine bezugslose, imaginäre Bundesebene.

Föderalismus stärken

Meines Erachtens gilt es den Föderalismus auszubauen und das Prinzip der Subsidiarität in der Verwaltung auch zu leben. Die vielerorts erkennbare Tendenz zur Zentralisierung muss ein Ende haben. Auch die von oben oktroyierten Sparpläne (minus 30 Prozent etc.) sollten vielmehr partnerschaftlichem Vorgehen weichen.

Föderalisten meinen, "den Nationalrat mit 183 Abgeordneten und den Bundesrat mit 64 Mitgliedern können wir ersatzlos streichen". Das Fehlen oder Nichtagieren beider fällt den Bürgern vermutlich nicht einmal auf. Die Summe der so gesparten Mandatare reicht an die der Abgeordneten der Landtage heran. Die fehlende Differenz auf die Kosten der Landtage decken Entlohnung und Spesenabgeltung der "Bundesabgeordneten" samt Mitarbeiter ohne Zweifel.

Aber auch die Dienstreisen aus Wien (Ministerialrätin/ -rat mit Adlatus und/oder Sekretärin, selbstverständlich mit Dienstfahrzeug und Chauffeur usw.) in die Provinz zur Überprüfung der Umsetzung der Bundesanordnungen vor Ort tragen das Ihre zur Vernichtung der Finanzmittel des Staates bei. Indem Westen und Süden Österreichs begehrte Objekte für Dienstreisen bieten, lässt sich bequem am Montag an- und am Freitag rückreisen.

Es lässt sich sparen. Aber die Kirche muss im Dorf und der Bezug zur Basis, zum Bürger und zur Gemeinde erhalten bleiben.

Ein nüchterner Ansatz, ein wertfreies Herangehen an dieses heiße Thema ist nur schwer möglich, denn zu viele sind betroffen und sehen die eigene Position gefährdet.

Deswegen verdienen der mutige Ansatz des Rechnungshofpräsidenten und die "Initialzündung" des Autors Anerkennung.

Ing. Mag. phil. Günther Johann Rozenits ist Oberst des Generalstabsdienstes in Hörsching bei Linz.