Wer abends noch einkaufen will, hat dafür ab 2008 mehr Zeit. Österreichs Handel darf künftig sechs Stunden die Woche länger offen halten. Die neue Regelung spaltet die Branche.

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Wien – Österreichs Einzelhandel darf ab dem kommenden Jahr täglich eine Stunde länger offen halten – jetzt liegen die ersten konkreten Umsetzungspläne auf dem Tisch. Große Wiener Einkaufscenter haben sich darauf geeinigt, unter der Woche bis 20 Uhr aufzusperren. Donnerstags sollen ihre Rollläden bis 21 Uhr oben bleiben.

Geht die Rechnung auf, könnte Einkaufen sogar noch öfters bis 21 Uhr möglich sein, sagt Nils-Christian Hakert, Chef des Donauzentrums, dem STANDARD. Mit dabei sind: Donauzentrum, Auhofcenter, SCN, Lugner City, Huma Einkaufspark und Q 19. Die Branche geht davon aus, dass weitere Wiener Betriebe nachziehen. Ob sich die Shopping City Süd, Österreichs größtes Einkaufszentrum, dem neuen Bündnis anschließt, will Vorstand Maurizio Totta noch prüfen.

"Es ist ein Signal, noch kein Durchbruch. Wir machen eine Politik der kleinen Schritte", sagt Hakert, Ladenöffnung bis 20 Uhr sei in anderen Ländern ja bereits gängige Praxis. Ein "Durchbruch" wäre für ihn, an zumindest vier Sonntagen im Jahr offen halten zu dürfen. Die jetzige Regelung sei mit den Mietern abgestimmt, Hakert erwartet ein Umsatzplus. "Dass nicht jeder Händler darüber jubelt, ist logisch. Aber der Großteil der Mieter ist für längeres Offenhalten", sagt Peter Schaider, Chef des Auhofcenters. Ziel sei, das Durcheinander bei der Ladenöffnung zu beenden. Ob sich einzelne arbeitsfreie Sonntage knacken lassen, sei aber offen. Man führe dazu Vorgespräche mit Bürgermeistern und den Landeshauptleuten, sagt Schaider.

Entscheidend sei, in Wien endlich einheitlich aufzutreten, sagt SCN-Centermanagerin Sonja Gimplinger. "Wir erhoffen uns natürlich steigende Umsätze, in erster Linie geht es aber um mehr Service."

Grazer sind uneinig

An keinem gemeinsamen Strang ziehen die großen Grazer Mitbewerber. Die Konkurrenz sei hier härter, heißt es. Seiersberg etwa will am Samstag bis 18 Uhr offen halten, bisher war in der Steiermark um 17 Uhr Schluss mit Shoppen.

Ob auch unter der Woche eine Stunde länger aufgesperrt wird, will Christian Guzy, der Chef von Seiersberg, mit den Mietern noch klären. Graz sei mit Wien nicht vergleichbar, sagt er. "Im ländlichen Raum kaufen die Leute früher ein."

Beim Obmann des Wiener Handels, Fritz Aichinger, löst der Vorstoß der Center Kopfschütteln aus. "Lange halten sie das nicht durch." Er glaubt, dass sich für längeres Einkaufen auf Dauer weder Kunden noch Händler gewinnen ließen. "Mir tun die Verkäufer Leid." Ein Satz, den Handelsgewerkschafter Manfred Wolf gern unterstreicht. Er kündigt schärfere Kontrollen an, etwa bei der Abgeltung von Kinderbetreuungskosten für die Handelsangestellten. Eine scharfe Absage erteilt er einmal mehr den Einkaufs-Sonntagen. "Damit verdient nur, wer als Einziger offen hält. Sperren alle auf, bringt es keinem was."

Lutz macht "auf keinen Fall" mit

Auch große Ketten wie Hartlauer und Möbel Lutz können Einkaufen bis 20 oder 21 Uhr nichts abgewinnen. Mit den aktuellen Kollektivverträgen und knapp kalkulierten Preisen sei es undenkbar, nach 18.30 Uhr noch offen zu halten, sagt Fotolöwe Robert Hartlauer. "Wir machen hier auf keinen Fall mit", sagt Lutz-Sprecher Thomas Saliger. "Schon die langen Einkaufs-Donnerstage waren eine Totgeburt."

Lutz habe in Deutschland versucht, vereinzelt länger offen zu halten. Doch es habe sich nicht gelohnt, sagt Saliger. "Wir konzentrieren uns wieder auf die Kernzeiten."

"Es sind ja bereits die langen Samstage kein Geschäft. Jeder ist enttäuscht", sagt Wolfgang Krejcik, Vorsteher des Elektrohandels. Mit den Spannen seiner Branche ließen sich die Mehrkosten nicht abfangen.

"Umsatzverteilung"

Martin Gantner, Geschäftsführer der Schuhhandelskette Salamander, sieht die Sache pragmatischer. Schuhe seien ein Impulskauf. Bis 20 Uhr im Laden zu stehen, mache daher durchaus Sinn. Den Sonntag hält aber auch er für ein Tabu. "Das führt einzig zu einer Umsatzverteilung." Einen Grund, an Samstagen nach 18 Uhr offen zu halten – eine vehemente Forderung von SCS-Chef Totta – sieht er nicht. "Es gibt auch soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern."

Stefan Mumelter vom Handelsverbands freut sich über den Konsens der Einkaufscenter. Der zur Öffnung bis 20 Uhr sei aber nicht das Ende der Fahnenstange. Jetzt gelte es, die hohen Personalkosten zu bewältigen. "Ich erwarte ein Signal der Sozialpartner bei der Lohnrunde." Wolf: "Ich halte Zurufe von außen für entbehrlich." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28./29.7.2007)