Die Aufklärung hat in Österreich schwache Tradition. Ein paar Freigeister brachten als Berater einiger Monarchen – Maria Theresia, Josef II., Leopold II. – einige Reformen durch. Die Folter wurde abgeschafft, im „Toleranzedikt“ eine weit gehende Religionsfreiheit gewährt. Aber schon Franz II. (dann nach seiner von Napoleon erzwungenen Abdankung als römisch-deutscher Kaiser als Franz_I. erster österreichischer Kaiser) würgte angesichts der französischen Revolution geistige Freiheit eiligst ab. Die Herren Professoren hätten keine eigene Meinung zu vertreten, sagte er einigen einmal ins Gesicht, sondern bloß die Linie der Obrigkeit zu predigen.

An dieser Grundhaltung änderte sich bis weit ins 20. Jahrhundert nicht viel. Das hat sich in der Zweiten Republik gebessert – obwohl zur Zeit des eigenen Studiums in den 60er-Jahren an den Unis noch genügend autoritärer Geist vorhanden war (und zwar in den Ausprägungen national-katholisch, deutsch-national und nazi-nostalgisch). Ganz vorbei ist das immer noch nicht. Bildungsministerin Claudia Schmied fand es jedenfalls notwendig, bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele zu versprechen, sie werde alles tun, um „die Helligkeit der Aufklärung in unseren Schulen und Kultureinrichtungen zu verstärken, damit die Sonne der Vernunft auf viele, auf alle unsere jungen Menschen trifft“.

"Hier ist alles gut"

Das mag damit zu tun haben, dass die Bildungspolitik der Jahre davor eher vom Schüssel’schen Diktum „Hier ist alles gut“ geprägt war. Infragestellen wurde nicht eben gefördert. Aber auch abseits der Selbstzufriedenheit von Schüssel/Gehrer hat die „Helligkeit der Aufklärung“ Mühe, eine gesellschaftliche Landschaft zu durchdringen, die eben vom Organ der Antiaufklärung schlechthin, der Krone, stark geprägt wurde und wird.

Die Ministerin wird aber jedenfalls präziser werden müssen, wenn sie eine „Aufklärungsoffensive“ an Schulen und Kultureinrichtungen in den Raum stellt. Die Anforderungen an Schulen und Unis sind heute eher von sofortiger wirtschaftlicher Umsetzbarkeit geprägt als von den Tugenden des kritischen Hinterfragens. Allgemeinbildung als Begriff und Lehrinhalt hat nicht gerade Konjunktur, wenn man die blanke Ahnungslosigkeit mancher Maturanten erlebt.

Kein visionäres Bild

Die Sonne der Aufklärung leuchtet vor allem aus motivierten, emanzipierten Lehrpersonen. Sie sind gewiss nicht so, wie sie sich durch ihre Interessenvertretung, die Lehrergewerkschaft, präsentieren, aber das Bild, das diese Gewerkschaft von der Berufsgruppe zeichnet – in Gestalt ihrer Forderungen und vor allem in der Betonung dessen, was alles nicht geht – ist eben kein besonders Visionäres.

Schmied könnte auch gemeint haben, dass die „Helligkeit der Aufklärung“ an den Schulen dort notwendig ist, wo bildungsferne, traditionsgebundene Eltern aus dem Immigrantenmilieu ihren eigenen Kindern den Weg versperren. Es ist kein Rassismus oder Imperialismus, wenn man feststellt, dass die Aufklärung historisch ein westliches Phänomen ist, das es in der muslimischen Welt (noch) nicht gegeben hat. Durch die Immigration in den westlichen „Raum der Aufklärung“ entsteht auch die Notwendigkeit für den Islam, sich damit auseinander zu setzen.

Es ist nicht anzunehmen, dass die zurückhaltende und überlegte Ministerin nur einfach so über die „Sonne der Vernunft“ und die Aufklärung dahergeredet hat. Genauere Detaillierung wäre hilfreich. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe 28./29.7.2007)