Je höher die Kategorie ist, in der wir speisen, desto größer wird unser Leistungsdruck beim Essen.

Während Vertreter der in chronischer Abwehrhaltung befindlichen "Würschtln-und-an-Toast-kann-i-Ihnen-machen"- Subkulinarik es zumeist dabei belassen, den Teller wortlos hinzustellen, manchmal lauter, manchmal leiser, wie's der Kellner gerade erwischt; während Gesandte der mittelständischen, dem Schweinernen verpflichteten traditionellen österreichischen Küche für den gewöhnten Gaumen beim Auftragen der Speisen mit den Worten "Mahlzeit", "Guten Appetit" oder "Vuasicht, haaß!" vorstellig werden; während uns in haubenfernen Küchen also höchstens Hunger, gutes Gelingen beim Einschneiden und ein gesunder Magen gewünscht wird, schlüpfen Unterkellner, Kellner, Oberkellner und oft auch noch die Chefs in so genannten erlebnisgastronomischen Häusern angesichts der aufgetragenen designten Teller plötzlich in die Rolle von Lustbarkeitsgöttern und melden verzückt, glückselig lächelnd, mit seltsam verklärten, mitunter glucksenden Stimmen: "Haben Sie sehr viel Freude damit!"

Als würde schmecken allein nicht genügen. (Daniel Glattauer, DER STANDARD Printausgabe, 28./29.7.2007)