Salzburg - Österreich sei die "Stimme Südosteuropas in der Europäischen Union", betonte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer am Samstag anlässlich des "Treffens für Stabilität in Südosteuropa im 21. Jahrhundert", das zum sechsten Mal am Rande der Salzburger Festspiele stattfand. Es gebe viele gemeinsame Interessen, nicht nur weil Österreich einer der wichtigsten Investoren in der Region sei.

An den Gesprächen nahmen neben Gusenbauer die Ministerpräsidenten Sali Berisha (Albanien), Ivo Sanader (Kroatien), Zeljko Sturanovic (Montenegro) und Vasile Tarlev (Moldawien) sowie Außenministerin Ursula Plassnik und der Koordinator des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, Erhard Busek, teil.

Energiepolitik

Eine der Fragen, die eine gemeinsame Strategie aller Länder erfordert, ist die Energiepolitik. Das wirtschaftliche Wachstum führe zu mehr Energiebedarf. Man habe sich darauf verständigt, dass es Anstrengungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien geben müsse, erklärte Gusenbauer. Außerdem werde ein Schwerpunkt auf die Verbesserung der Energieeffizienz gelegt. Immer noch würden 15 Prozent der Energie ungenutzt verloren gehen. Mehr Effizienz würde zu mehr Unabhängigkeit am Energiesektor führen.

Wie die Energiegewinnung ist auch der Verkehr ein wichtiges Thema, um die Klimaziele Europas zu erreichen: Die Länder Südosteuropas hätten ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von fünf Prozent. Das gehe in den nächsten Jahren mit einer Erhöhung des Verkehrs um sieben bis acht Prozent einher, sagte der Bundeskanzler - was nicht mehr auf den traditionellen Transportwegen zu bewältigen sei. Es brauche eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene und auf das Wasser. Die Donau habe als Transportweg ein enormes Potenzial. "Rund 90 Prozent der Transportkapazität der Donau sind bisher ungenutzt", sprach sich Gusenbauer für den Ausbau des Wasserweges aus.

"Wir haben schon viel Zeit verloren"

Seit dem letzten Treffen in Salzburg habe es viele Fortschritte im Annäherungsprozess Südosteuropas an die EU gegeben. Das betonten Plassnik wie auch Sanader. Kroatien etwa stecke mitten in den Beitrittsverhandlungen mit der EU, so der kroatische Premier. "Ich hoffe, dass wir 2008 die Verhandlungen abschließen können." Sanader begrüßte, dass sich die Mitgliedsstaaten auf den EU-Vertrag geeinigt und damit eine Voraussetzung für die Erweiterung geschaffen haben. "Wenn wir unsere Hausaufgaben machen, dann wird einer Mitgliedschaft Kroatiens nichts mehr im Wege stehen", zeigte sich Sanader zuversichtlich.

Berisha unterstrich die wichtige Rolle, die Österreich beim Annäherungsprozess des Balkans an die EU habe. "Österreich ist unser bester Anwalt in der EU", lobte der albanische Regierungschef. Die Lösung der Kosovo-Frage sei ein entscheidender Faktor für die Stabilität der gesamten Region. Er hoffe, dass es bald eine Lösung gebe. "Wir haben schon viel Zeit verloren", sagte Berisha.

Visums-Pflicht

Der montenegrinische Regierungschef Sturanovic gab seinen Hoffnungen auf einen völligen Wegfall der Visums-Pflicht für die Südosteuropäer Ausdruck und betonte: "Unser gemeinsames Ziel heißt Europa". Offene Grenzen seien für die Wirtschaft, aber vor allem auch aus psychologischer Sicht für die jungen Menschen in der Region enorm wichtig, wie Sturanovic erklärte. In Podgorica werde eigens ein Visa-Zentrum eingerichtet, damit auch jene Länder, die keine diplomatischen Vertretungen in Montenegro haben, Visa erteilen könnten.

"Es ist uns bewusst, dass die Visa-Frage sehr schmerzvoll ist", hielt Plassnik entgegen und verwies auf die unterzeichneten Visa-Erleichterungsabkommen mit einigen Westbalkanstaaten, die ab 2008 für bestimmte Bevölkerungsgruppen gelten sollen. "Davon profitieren vor allem Jugendliche", meinte die Außenministerin. "Die Visa-Freiheit gibt es nicht zum Null-Tarif", stellte sie jedoch klar. Für offene Grenzen braucht es Plassnik zufolge eine "verlässliche Sicherheitspartnerschaft". Die nötigen Reformen sollten nicht nur durchgeführt werden, "um der EU einen Gefallen zu tun", deutete Plassnik mangelnden Willen bei den Ländern der Region an. (APA)