Zur Person
Rudolf Valenta ist Leiter des am Institut für Pathophysio-logie der Med-Uni Wien ansässigen Christian-Doppler- Labors für Allergieforschung.

Foto: Standard/Wilke
STANDARD: Welchen Trend beobachten Sie bei der Ausbreitung von Allergien in Österreich?

Valenta: Es zeichnet sich eindeutig ab, dass Allergien in der industrialisierten Welt immer mehr zunehmen. Das hat erst kürzlich eine große europä-ische Studie bestätigt. Allergieexperten befürchten, dass in zehn Jahren jeder Zweite betroffen sein wird. Über die Ursache der Verbreitung gibt es bislang nur Vermutungen. Klar ist inzwischen, dass nicht ein einziges Allergie- oder Asthma-Gen, sondern mehrere Faktoren aus genetischer Veranlagung und Umwelt verantwortlich sind.

STANDARD:Nur die spezifische Immuntherapie verspricht eine Linderung bis hin zur Befreiung der Beschwerden. Wie therapiefreudig sind Österreicher?

Valenta: Ich arbeite mit vielen Patienten und erlebe eine große Begeisterung dafür, mehr über die Erkrankung, Diagnose und Therapie zu erfahren. Bei vielen Allergikern und Asthmatikern ist der Leidensdruck groß. Trotzdem ist ein großer Teil der Bevölkerung noch nicht diagnostiziert.

STANDARD: Wie zuverlässig sind die Diagnosetechniken heute?

Valenta: Inzwischen gibt es in der Klinik eingesetzte Bluttests, die mittels IgE-Bestimmung die Allergene jedes einzelnen Allergikers bis auf molekulare Ebene herunterdiagnostizieren. Die neuartigen Tests auf Basis synthetisch hergestellter Allergene sind genauer als jene auf der Basis von Allergenrohextrakten, ebenso kostengünstig und erlauben eine exaktere Diagnose, sodass mehr Patienten von der Immuntherapie profitieren können.

STANDARD: Sie arbeiten an der Erforschung von Impfstoffen gegen die häufigsten Allergien. Wie weit sind Sie damit?

Valenta: Bei der Impfung gegen Gräser- und Birkenpollen laufen mehrere Phase-3-Studien, sodass wir mit einer Zulassung in den kommenden ein bis zwei Jahren rechnen. Insbesondere entwickeln wir die neuen Impfstoffe so, dass sie nebenwirkungsärmer sind. Ziel ist es, mit wenigen Impfungen über zwei Jahre deutliche Verbesserungen zu erreichen, die nicht nur die Symptome, sondern auch den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen.

STANDARD: Welche Therapieformen und Arzneimittel werden in naher Zukunft helfen?

Valenta: Das langfristige Ziel ist die prophylaktische Impfung. Wenn der Forschung das gelingt - und ich bin zuversichtlich - würden Allergien größtenteils verschwinden. Hier befinden wir uns bereits in Phase-1-Studien. Bis diese Impfstoffe verfügbar sind, werden noch einige Jahrzehnte vergehen. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.7.2007)