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Der Herkules unter den Käfern bringt es auf 16 cm. Mehr sind einfach nicht drin. Nun weiß die Forschung, warum.

Foto: APA/ANTON WEISSENBACHER/TIERGARTEN SCHOENBRUNN
Washington - Wer eine Abneigung gegen Insekten hat, soll froh sein, nicht vor 300 Millionen Jahren gelebt zu haben. Damals krabbelten und flogen geradezu gewaltige Kerbtiere durch die urzeitlichen Wälder. Libellen brachten es auf Spannweiten von mehr als 70 Zentimetern. Solche Rieseninsekten sind schon sehr lange ausgestorben. Warum eigentlich?

Forscher vermuten, dass die Zusammensetzung der Erdatmosphäre eine zentrale Rolle bei der Evolution der sechsbeinigen Giganten spielte.

Insekten und einige andere Wirbellose wie Tausendfüßler atmen mittels Tracheen. Über dieses fein verzweigte Netzwerk interner Kanäle findet der gesamte Gasaustausch zwischen ihren Körpern und der umgebenden Luft statt. Die Sauerstoffaufnahme geschieht weit gehend passiv durch physikalische Diffusion, ihre Effizienz ist direkt vom Tracheenvolumen abhängig. Je höher jedoch die Konzentration des lebenswichtigen Gases, desto einfacher lässt sich die erforderliche Menge zuführen.

Während des Karbons, also vor 300 bis 360 Millionen Jahren, ließ massives Pflanzenwachstum den Sauerstoffgehalt der Atmosphäre auf etwa 35 Prozent ansteigen (heute: 20,9 Prozent). Diese Zunahme dürfte das Riesenwachstum der Insekten erst ermöglicht haben, glauben Experten, denn nur so wäre der Gasaustausch auch über größere Distanzen zum Körperinneren gesichert. Bislang war die Beweislage für diese Theorie allerdings eher dürftig.

Die Atmung der Käfer

Der Biologe Alexander Kaiser von der Midwestern University in Glendale (US-Bundesstaat Arizona) hat die Geheimnisse des Insektenatmungsapparats genauer unter die Lupe genommen. Zusammen mit fünf Kollegen studierte er das Tracheensystem von vier nah verwandten Schwarzkäferarten und dessen Verhältnis zum Körpervolumen. Detaillierte Röntgenaufnahmen lieferten die Daten.

Die Analyse, deren Details gestern im Fachblatt PNAS veröffentlicht wurden, bestätigt die bisherigen Vermutungen. Je größer das Körpervolumen der Käfer, desto größer ist auch der Volumenanteil des Tracheensystems.

Mit anderen Worten: Bei großen Arten benötigen die Luftröhrchen zur Aufrechterhaltung des Gasaustausches viel mehr Platz als bei kleinen. Im winzigen Tribolium castaneum liegt der Anteil bei nur 0,5 Prozent, bei den mehr als drei Zentimeter langen Eleodes obscura schon 4,8 Prozent.

Besonders problematisch ist der Platzbedarf der Tracheen im Beinbereich. Aus dieser anatomischen Einschränkung des Tracheenvolumens lässt sich die Wachstumsbegrenzung für den gesamten Körper hochrechnen. Demnach könnte kein heute lebender Käfer länger als etwa 16 Zentimeter sein.

Alexander Kaiser ist überzeugt: Die Sauerstoffversorgung der Beine stellt die Achillesferse des Käferwachstums dar. Wahrscheinlich gilt dieses Prinzip auch für andere Insekten, wie Kaiser im Gespräch mit dem STANDARD meint: "Bei Heuschrecken beobachten wir denselben Trend." (Kurt de Swaaf/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31. 7. 2007)