US-Außenministerin Condoleezza Rice, derzeit im Nahen Osten unterwegs, macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube, wenn es darum geht, wem die arabischen Golfstaaten ihren Mega-Waffendeal mit den USA zu verdanken haben: der iranischen Bedrohung. Und dort, im Iran, lässt man im Moment nichts aus, um die Ängste auf der anderen Seite des Golfs, der für den Iran auf beiden Seiten der „Persische“ ist, zu rechtfertigen.

Mit ruiniertem Ruf lebt es sich bekanntlich ungeniert, und so schrieb der Leitartikler der iranischen Tageszeitung Keyhan Mitte Juli, dass Bahrain, das kleine arabische Inselkönigreich mit schiitischer Bevölkerungsmehrheit vor der saudi-arabischen Küste, durch eine „illegale Absprache zwischen dem dem Untergang geweihten Schah und den Regierungen der USA und Großbritanniens vom Iran getrennt wurde“ (das war 1970, durch UNO-Beschluss und Referendum, Anm.). „Heute ist es der dringendste Wunsch des Volkes von Bahrain, dass die vom Iran abgetrennte Provinz (sic! Iran hatte Bahrain 1958 zu seiner 14. Provinz erklärt, Anm.) zu ihrem Mutterland zurückkehrt, dem islamischen Iran.“

Der Schreiber ist nicht irgendwer: Keyhan-Herausgeber Hossein Shariatmadari gilt als Berater von Revolutionsführer Ali Khamenei. Er hatte ein Statement des Golfkooperationsrates kommentiert, das routinemäßig den Anspruch der Vereinigten Arabischen Emirate auf die drei umstrittenen Inseln im Golf (Große und Kleine Tunb, Abu Musa) bestätigte, wo die iranische, damals kaiserliche Armee 1971 einmarschiert war. Ein arabisch-iranischer Dauerbrenner. Aber Bahrain: War der revisionistische Ausbruch vielleicht von oben, von Khamenei, gedeckt? Und ist das dann eine politische Ansage? Der Direktor des Instituts für Iranistik an der Akademie der Wissenschaften in Wien, Bert Fragner, glaubt nicht an eine akute iranische Strategie in dieser Sache. Man ziehe aus den Schubladen heraus, was gerade nützlich erscheine.

Trotz Shariatmadaris Versicherungen, dass es sich um seine persönliche Meinung handelte, die Katze war aus dem Sack: Iran hetze die Schiiten weltweit auf, jene am Golf genauso wie die in Afghanistan und im Irak, schrieb die saudi-arabische Al-Watan. Erinnerungen wurden wach an den (zweifellos von der Islamischen Revolution im Iran von 1979 inspirierten) schiitischen Putschversuch in Bahrain 1981 und die Unruhen in den 90er-Jahren. Dass diese parallel zur Öffnung des politischen Systems abnahmen, wurde verschwiegen.

Vali Nasr erinnert in „The Shia Revival“ aber auch daran, dass die Kämpfe zwischen US-Truppen und der Mahdi-Armee im irakischen Najaf 2004 wieder schiitische Massen auf die Straßen Bahrains brachten. Die Ereignisse im Irak weckten bei den schiitischen Bahrainis aber vor allem die Lust auf Partizipation: Anders als 2002 boykottierten sie die Parlamentswahlen im Dezember 2006 nicht mehr und schnitten gut ab.

Nur wenige Tage nach Shariatmadaris Artikel bemühte sich Irans Außenminister Manuchehr Mottaki nach Bahrain, um die Wogen zu glätten. Was er sagte, war jedoch vielen Arabern viel zu wenig. Noch immer hat sich der Sturm im Blätterwald nicht gelegt. Erst am Sonntag griff die ägyptische Zeitung Al-Misriyun das Thema wieder auf und beklagte dabei die „Unterdrückung“ der Sunniten im Iran.

Die Watschen fliegen fröhlich hin und her. Während der Artikel in Al-Misri_yun ganz auf der – von den USA geförderten – Linie ist, dass der Iran gar nicht der homogene Nationalstaat ist, den er vorgibt zu sein, kommen aus Teheran abfällige Kommentare zu den arabischen Golfstaaten, von denen keiner älter als 100 Jahre sei, allesamt Zionistenknechte, die die Palästinenser verraten hätten. Und „im Zeitalter des islamischen Bewusstseins“ seien herrschende Dynastien ja wohl überholt, höhnt Keyhan.

In den arabischen Blättern wurde aber noch ein anderer Vergleich beschworen, einer, der nichts mit iranisch-arabischer Konkurrenz zu tun hat: die irakische Invasion Kuwaits, inklusive der Geschichte, dass die USA damals, 1990, Saddam Hussein angeblich grünes Licht dazu gegeben hätten. Was, so fragt Al-Watan, wenn die USA den Iranern ihr Atomprogramm abkaufen, indem sie ihnen Bahrain überlassen? Nun, noch sitzt in Bahrain die 5. US-Flotte. Und zwar fest. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.8.2007)