Paris - Ein französisches Berufungsgericht hat am Mittwoch die Freilassung von zwei Männern aus Ruanda angeordnet, die vom Internationalen Strafgericht für Ruanda (ICTR) wegen ihrer Verwicklung in den Völkermord 1994 gesucht werden. Nach Auffassung der Richter konnte der Haftbefehl in seiner aktuellen Fassung nicht umgesetzt werden. Die beiden Männer, ein 49-jähriger katholischer Priester und ein 62-jähriger ehemaliger Regierungsvertreter, waren am 20. Juli aufgrund eines neuen Haftbefehls in Frankreich festgenommen worden, wo sie seit mehr als zehn Jahren im Exil lebten. Das Tribunal in Arusha wirft ihnen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor.

Drohung

Der ruandesische Vertreter beim ICTR, Aloys Mutabingwa, kritisierte die Entscheidung des französischen Gerichts als politisch motiviert. Ruandas Justizminister Tharcisse Karugarama sagte, er wolle sich die Begründung zunächst genauer ansehen: "Stehen juristische Gründe hinter der Entscheidung, werde ich sie respektieren". Gebe es aber andere Motive, "werde ich reagieren", sagte er weiter, ohne die Drohung näher zu erläutern.

Beziehung Frankreich-Ruanda gespannt

Die Beziehungen zwischen Ruanda und Frankreich sind seit Monaten gespannt. Die Regierung von Präsident Paul Kagame wirft Paris vor, Hutu-Extremisten trotz der Hinweise auf einen beginnenden Völkermord Anfang der 90er Jahre weiter unterstützt zu haben. Frankreich weist den Vorwurf zurück. Ruanda hatte im vergangenen November seine diplomatischen Beziehungen zu Frankreich eingefroren, nachdem ein französisches Gericht Haftbefehl gegen mehrere Mitarbeiter von Kagame erlassen hatte, die in die Ermordung des früheren ruandischen Staatschefs Juvenal Habyarimana verwickelt sein sollen. Der Tod des gemäßigten Hutu-Präsidenten im April 1994 löste den Bürgerkrieg aus, in dessen Verlauf in nur wenigen Monaten 800.000 Tutsis und gemäßigte Hutus von radikalen Hutus brutal ermordet wurden. (APA)