Wien – Das Unglück in Minnesota weckt in Österreich Erinnerungen an den Einsturz der Wiener Reichsbrücke: Vor 31 Jahren, ebenfalls an einem 1. August, krachte die Brücke über die Donau zusammen und riss einen Pkw und einen Bus der Wiener Linien in die Tiefe. Der Pkw-Lenker starb.

Lediglich dem Umstand, dass an diesem Sonntag im Jahr 1976 nur wenige Menschen so früh unterwegs waren, war es zu verdanken, dass nicht mehr Opfer zu beklagen waren. Der Busfahrer überstand den Vorfall unverletzt, weil sein Gelenkbus nicht in der Donau versank, sondern auf der Brückenruine stehen blieb. Der Fahrer war danach wieder ganz normal als Buslenker tätig. 1985 ging er in Pension, sieben Jahre später verstarb er.

Der Unglücksbus wurde repariert und wieder im_Linien-Netz eingesetzt. Nachdem er aus Altersgründen ausrangiert wurde, fand er einen neuen Platz im Wiener Straßenbahnmuseum, wo er auch heute noch besichtigt werden kann. Im November 1980 wurde schließlich die neue Donauquerung eröffnet, offiziell heißt sie seither eigentlich Johann-Nestroy-Brücke.

Das Unglück hatte auch politische Konsequenzen: Nachdem zunächst der damalige Bürgermeister Leopold Gratz seinen Rücktritt angeboten hatte, übernahm der Wiener Planungsstadtrat Fritz Hofmann die politische Verantwortung und schied aus dem Amt. Eine Expertenkommission gab bekannt, dass der linke Pfeiler der nach Ende des Zweiten Weltkrieges sanierten Brücke mit Sand und "unverdichtetem Beton" gefüllt war. Durch das schlechte Material war Wasser eingedrungen.

Heute werden Österreichs Brücken und Autobahnen alle sechs Jahre einer Hauptprüfung unterzogen. Zudem kontrollieren Straßen- und Brückenmeister laut Verkehrsministerium nach einem Drei-Stufen-Plan jedes Brückenbauwerk alle paar Monate. Dabei werden auffällige Veränderungen erfasst und das Schwingungsverhalten überprüft. Alle 5000 heimischen Straßenbrücken sind in einer Datenbank der Asfinag erfasst. "Eine Brücke hat eine Lebensdauer von 60 bis 80 Jahren, alle 30 Jahre muss eine Generalsanierung erfolgen", teilt die Asfinag mit.

Der 1. August 1976 war übrigens auch in der Sportwelt ein Unglückstag: Niki Lauda verunglückte auf dem deutschen Nürburgring. Formel-1-Kollegen gelang es, Lauda aus dem brennden Wrack zu retten. (pm, simo, DER STANDARD - Printausgabe, 3. August 2007)