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Foto: REUTERS/ARKO DATTA
Wien – 63 Prozent der Wiener fühlen sich durch Lärm belästigt oder zumindest in ihrer Lebensqualität eingeschränkt – das ergab eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Ifes von Beginn des Jahres. Österreichweit wird Verkehrslärm mit 71 Prozent am störendsten wahrgenommen, gefolgt von unerwünschten Geräuschen aus der Nachbarschaft (21 Prozent) und Fluglärm mit 14 Prozent.

Empfindliche Sommermonate

Erhebungen des Bundesumweltamtes haben ergeben, dass Fluglärm subjektiv als lästiger als Straßen- oder Bahngeräusche empfunden wird – auch wenn der Pegel geringer ausfällt. Besonders empfindlich sind Fluglärmgeplagte naturgemäß in den Sommermonaten, in denen sowohl der Flugverkehr als auch die Beschwerden steigen.

"Ein Unterschied von zehn Dezibel mehr oder weniger wird bereits als doppelt so laut oder leise wahrgenommen", weiß Erich Valentin, SPÖ-Gemeinderat und Vertreter der Stadt Wien im "Dialogforum Flughafen Wien".

Mit einer "Noise Charge", also lärmabhängigen Lande- und Startgebühren für Flugzeuge, könnten fünf bis zehn Prozent der Flugzeuge halb so laut dröhnen – und der Lärm trotz stetig ansteigendem Flugverkehr (vier bis sechs Prozent jährlich) eingedämmt werden, ist Valentin überzeugt. Konkret sollen laute Maschinen höhere Gebühren für Start und Landung zahlen, leisere weniger. "Diese Gebühren sind ein gutes Mittel, um einen modernen Flugzeug-Mix auf dem Flughafen sicherzustellen und die Qualität der anfliegenden Flugzeuge zu verbessern", erklärte Valentin am Freitag.

Erprobte Lärmsteuer

Als Vorbilder dienen Flughäfen in Frankfurt, München, Hamburg und Zürich, die bereits eine "Lärmsteuer" einheben. Dabei werden die Flugzeugtypen entsprechend ihrer Dezibel in bis zu elf Lärmklassen eingeordnet. Die Fluglinien müssen je nach Klasse mehr oder weniger Gebühren berappen.

"Diese Modelle sind uns aber zu wenig differenziert", meint Valentin, der sich für jeden Flugzeugtyp eine bestimmte Landegebühr wünscht. Eine Arbeitsgruppe soll nun ein "Wiener Modell" ausarbeiten, das der Flughafen Wien bei der Obersten Zivilluftfahrtbehörde einreichen muss.

Einführung ab 2009

Valentin zufolge ist eine Einführung des neuen Tarifmodells "spätestens für den Sommerflugplan 2009" geplant. Brigitta Pongratz, Sprecherin des Flughafen Wien, spricht dagegen von einer "frühestmöglichen Einführung" im Jahr 2009. Über die Einführung der "Noise Charge" wolle man erst entscheiden, wenn die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zeigen würden, dass die lärmabhängigen Gebühren auch wirklich Sinn machen. "Der Flugzeug-Mix der AUA, die einen Anteil von über 55 Prozent aller Landungen und Starts hat, ist bereits sehr modern und damit lärmarm", schildert Pongratz. Auch Valentin attestiert der AUA eine Vorreiterrolle, verweist aber auf das steigende Geschäft mit östlichen Fluglinien, die über viele lautstarke Modelle verfügen.

Die geplante "Noise Charge" ist eine Maßnahme des 16-Punkte-Programms, das nach Abschluss des fünfjährigen Mediationsverfahrens im Jahr 2005 festgelegt wurde, betont Valentin. So soll in den nächsten drei Jahren die Anzahl der Nachtflüge um 600 pro Jahr reduziert werden und die Flugrouten weiter optimiert werden.

Schon jetzt geht ein Großteil der An- und Abflüge (allein 121.236 im ersten Halbjahr 2007) nicht über die Piste 11, die über viele Wiener Bezirke führt (siehe Grafik). Mit dem Bau der umstrittenen dritten Piste erwartet sich Valentin eine weitere Reduzierung der Anflüge über Wien. Spürbare Verbesserungen könnte der so genannte gekurvte Anflug bringen, bei dem die Flugzeuge das Stadtgebiet umfliegen und erst kurz vor der Landung in einer Kurve den Flughafen anpeilen könnte. Der "curved approach" ist aber nach wie noch vor kein anerkanntes Verfahren. (Karin Krichmayr, DER STANDARD Printausgabe, 11./12.8.2007)