Bild nicht mehr verfügbar.

Ministerpräsident Manmohan Singh sieht den "Krieg" gegen Armut, Ignoranz und Krankheit in Indien noch nicht gewonnen.

Foto: APA/epa/ Harish Tyagi

Bild nicht mehr verfügbar.

In den Farben der Nationalflagge gekleidete Schulkinder begleiteten die Feierlichkeiten zum 60. Unabhängigkeitstag in der Hauptstadt Neu Delhi.

Foto: REUTERS/B MATHUR
Neu Delhi - Anlässlich des 60. Jahrestages der indischen Unabhängigkeit von Großbritannien am Mittwoch hielt Ministerpräsident Manmohan Singh eine Rede an die Nation, in der er versprach, die soziale Entwicklung des Landes vorantreiben zu wollen. Indien dürfe nicht aus Wachstumsinseln bestehen, die von Gebieten umgeben seien an denen "die Entwicklung vorübergeht". Armut und Unterernährung bezeichnete er als "nationale Schande", die zur Erfüllung des Traums von Staatsgründer Mahatma Gandhi verbannt werden müssen.

Wenige Menschen profitieren von Wirtschaftswachstum

Singh versicherte den 1,1 Milliarden Indern in seiner Rede an die Nation, seine seit drei Jahren amtierende Regierung werde neue Initiativen in den Bereichen Gesundheit, Erziehung, Umwelt und Landwirtschaft ergreifen. Er gab auch zu bedenken, dass die Früchte der schnell fortschreitenden wirtschaftlichen Entwicklung nur relativ wenigen Menschen zugute kämen. Armut, Krankheiten und Arbeitslosigkeit hätten noch immer bedrohliche Ausmaße. Indien habe viele Schlachten im Kampf gegen "Armut, Ignoranz und Krankheit" gewonnen, so der Premier. "Aber können wir sagen, dass wir auch den Krieg gewonnen haben?"

Investitionen in Landwirtschaft

Indien ist eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften, weist aber zugleich soziale Ungleichheiten auf, wie kaum ein anderes Land. Hunderte Millionen Menschen leben unter der Armutsgrenze und haben weniger als einen Dollar am Tag zur Verfügung. Mehr als die Hälfte der indischen Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft, in die Singh nun umgerechnet 4,6 Milliarden Euro investieren will. Alljährlich begehen Tausende von Baumwollbauern in Indien Selbstmord, weil sie sich von ihren Schulden erdrückt fühlen.

Moderne Bildung

In seiner Ansprache forderte Singh auch eine "Revolution für eine moderne Bildung", da ein Drittel seiner Landsleute weder lesen noch schreiben kann. Für jeden einzelnen und das gesamte Land "kommt das Beste noch", sagte Singh.

Glückwünsche von Queen Elisabeth

Die britische Königin Elizabeth II. sprach dem indischen Ministerpräsidenten ihre besten Wünsche zur 60-jährigen Unabhängigkeit aus. Premierminister Gordon Brown hob die guten Beziehungen zwischen den Ländern hervor. "Unsere Geschichte, Werte und Hoffnungen sind eng verflochten und werden es immer bleiben", hieß es in einem Schreiben der ehemaligen Kolonialmacht.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen

Die Feierlichkeiten fanden im historischen Roten Fort von Neu Delhi unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Allein in der Hauptstadt waren 70.000 Sicherheitskräfte aufgeboten, auf den Dächern der umliegenden Häuser hatten Scharfschützen Position bezogen. Im ganzen Land patrouillierten bewaffnete Polizeieinheiten und Soldaten vor Regierungsgebäuden, um Anschläge durch Separatisten oder maoistische Rebellen zu verhindern. Im Bundesstaat Assam im Nordosten Indiens warfen mutmaßliche Separatisten eine Granate auf ein Lager der Polizei, fünf Menschen wurden dabei verletzt. Bei einem weiteren Anschlag auf einen Markt wurde niemand verletzt.

In Kaschmir legte ein von Anhängern einer Unabhängigkeit ausgerufener Streik das öffentliche Leben in der Sommerhauptstadt Srinagar lahm. Läden und Unternehmen blieben geschlossen. Bewohner anderer muslimisch dominierter Städte in der Region berichteten, auch dort werde gestreikt. In der mehrheitlich von Hindus bewohnten Winterhauptstadt Jammu ging das Leben Augenzeugen zufolge seinen gewohnten Gang. Die Rebellen in Kaschmir sehen den Jahrestag der indischen Unabhängigkeit wegen der damals erfolgten Teilung der Region als "schwarzen Tag". Vor dem Hintergrund von Aufständen im Land forderte Singh seine Landsleute zur Einheit auf und kündigte ein entschlossenes Vorgehen gegen "Hass und Extremismus" an. Die Inder müssten gegen "diese anti-demokratischen, anti-sozialen und anti-nationalen Kräfte" zusammenstehen.

Vor dem Hintergrund massiver innenpolitischer Probleme hatte das Nachbarland Pakistan bereits am Dienstag seinen 60. Unabhängigkeitstag gefeiert. Indien und Pakistan wurden am 15. August 1947 um Mitternacht von Großbritannien aus der Kolonialherrschaft entlassen. 24 Jahre später spaltete sich Ost-Pakistan als Bangladesch von Pakistan ab. Seit ihrer Unabhängigkeit haben die Nachbarn drei Kriege gegeneinander geführt, zwei davon um die geteilte Region Kaschmir. Im Rahmen ihrer Friedensverhandlungen, die Indien und Pakistan Anfang 2004 aufgenommen haben, tauschten die Atommächte anlässlich der Unabhängigkeitsfeiern Gefangene aus. (APA/Reuters/dpa/AP/AFP)