Eigentlich ist Dyson ja bekannt für Staubsauger und Ventilatoren. Diese sind zwar nicht ganz billig, werden aber von vielen Nutzern für ihre Qualitäten geschätzt und finden auch bei der Konkurrenz häufig Nachahmung.

Als der Konzern nun im vergangenen Jahr am 30. März das Kopfhörermodell Zone ankündigte, musste man erst einmal dementieren, dass es sich um einen vorgezogenen Aprilscherz handelte. Der Eindruck eines solchen entstand freilich nicht zufällig, denn die Kombination aus Over-Ear-Kopfhörern mit großem Luftfilteraufsatz, der vor dem Mund getragen werden soll, weckt mehr Erinnerungen an Hollywoodfilme denn an ein Alltagsgerät. 

Doch Dyson war es tatsächlich ernst damit, weswegen man wenige Monate später zu ersten Tests des aktuellen Prototyps einlud. Ende April sind die Zone nun auf den Markt gekommen und werden in ersten Ländern um umgerechnet etwa 900 Euro verkauft. Dazu gibt es auch eine Reihe von Rezensionen. Und die Tester sind sich in vielen Dingen einig.

Groß, schwer, gut verarbeitet 

Eine sehr umfassende Betrachtung liefert etwa der Tech-Youtuber Marques Brownlee, besser bekannt als MKBHD. Er titelt seinen als Video festgehaltenen Erfahrungsbericht klickträchtig mit "Das ist das dümmste Produkt, das ich je getestet habe", ohne aber tatsächlich ganz so hart mit den Hörern ins Gericht zu gehen.

This is the Dumbest Product I've Ever Reviewed.
Marques Brownlee

Was nicht nur ihm, sondern auch anderen Rezensenten als Erstes auffällt, ist, dass die Hörer ausgesprochen groß sind. Und sie bringen auch ein dementsprechendes Gewicht mit. Sie wiegen fast 600 Gramm und damit doppelt so viel wie viele andere Geräte dieser Art.

Bedingt ist das nicht nur durch einen größeren Akku und zusätzliche Technik für den aufsteckbaren Luftfilter, sondern auch durch die gute Verarbeitung mit Metallelementen. Dem hohen Gewicht begegnet Dyson immerhin damit, dass die Ohr- und Kopfpolsterung dick und angenehm ist. Sitzt man einfach nur da, ohne sich viel zu bewegen, fällt nicht auf, wie schwer die Zone sind. Aber sobald man unterwegs sei, sagt Brownlee, fühle man das Gewicht sofort und habe den Eindruck, einen Helm zu tragen.

Die Bedienung ist einfach gehalten. Die meisten Funktionen erreicht man über einen kleinen, knopfförmigen Joystick am rechten Hörer. Der funktioniert intuitiver und zuverlässiger als die Gesten auf einem Touchpad, wie es viele Konkurrenzprodukte mitbringen.

Ordentlicher Klang

Für ein Klangerlebnis mit kräftigen Bässen sollen 40-Millimeter-Treiber sorgen. Akustisch liefern die Dyson-Hörer laut Testern zwar eine gute Performance ab. Dabei können sie sich mit anderen Geräten im Segment von 200 bis 300 Euro messen, und zeigen besonders bei hohen Tönen ein sehr klares Klangbild. Eine Alternative zu Hörern aus der eigenen Preisklasse sind sie aber nicht.

Die Schallisolierung nach außen ist ordentlich, optional gibt es eine aktive Geräuschunterdrückung, um sich noch besser von Außenlärm abzuschotten. Dazu kommt ein exzellent umgesetzter Transparenzmodus, bei dem die Umgebung per Mikrofon akustisch durchgeschaltet wird. Aufgeladen werden sie per USB-C, die Musikübertragung funktioniert über dieses oder per Bluetooth, wobei unter anderem ein langes USB-auf-3,5-mm-Klinke-Adapterkabel beiliegt.

Gewöhnungsbedürftig ist, dass es keinen Ein-Aus-Schalter gibt. Die Hörer erkennen selbstständig, wenn sie abgenommen werden, unterbrechen dann die Wiedergabe und gehen etwas später in den Ruhemodus, bis sie wieder aufgesetzt werden. Die Akkulaufzeit als Musikwiedergabegerät bei aktivierter Geräuschunterdrückung liegt bei etwa 50 Stunden. Die integrierte Anzeige liefert neben Einstellungen auch Infos zu Umgebungslärm und der lokalen Luftqualität.

Filter reduziert Akkulaufzeit um 90 Prozent

Das einzigartige Feature ist freilich die Luftfilterung, die über ein aufsteckbares "Mundvisier" erfolgt. Dyson hatte die Hörer zu einer Zeit präsentiert, als vielerorts noch pandemiebedingte Vorgaben wie Maskenpflicht galten. Als Schutz speziell gegen das Coronavirus war Zone aber nicht gedacht, vielmehr soll der Filteraufsatz allgemein vor verschiedenen Pathogenen und Pollen, vor allem aber vor verschmutzter Luft in Städten schützen.

Doch nicht nur in modischer Hinsicht, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen sollte man den Filteraufsatz skeptisch betrachten, erklärt dazu der Arzt Mikhail Varshawski (vulgo „Dr. Mike“) im Rezensionsvideo von MKBHD.

Grundlegend funktioniert Zone so, dass Luft über die Kopfhörer angesaugt und durch Filter geschleust wird, die 99 Prozent aller Partikel mit einer Größe von bis zu 0,1 Mikrometer abfangen sollen. Die gefilterte Luft wird anschließend über zwei Schlitze durch das Visier zu Mund und Nase geführt.

Dafür kommen zwei kleine Kompressoren und Ventilatoren zum Einsatz, die man als Träger hört. Lindern lässt sich dies nur durch das Lauterstellen der Musikwiedergabe. Der Schutz ist außerdem unvollständig, da das Visier keine Abdichtung zum Gesicht hin hat. Dementsprechend wird man – wenn auch in geringerem Volumen – weiter mit Luftverschmutzung und unangenehmen Gerüchen konfrontiert.

Im Gegensatz zu den Hörern ist das Visierteil vollständig aus Kunststoff und wirkt vergleichsweise billig verarbeitet. Dazu stellt sich unweigerlich auch die modische Frage. Man sehe damit, befindet Brownlee, einfach "lächerlich" aus. Die Verwendung der Luftfilterung reduziert zudem die Akkulaufzeit dramatisch – nämlich auf zwei Stunden.

Fragwürdige Schutzwirkung

Aus medizinischer Sicht kann Varshawski dem Konzept auch wenig abgewinnen. Aufgrund der fehlenden Abdichtung sei eine Maske besser geeignet zur Luftfilterung. Dazu verteile eine Maske auch nicht die eigene Atemluft so wie Zone, bei dem diese durch den Luftzug des Visors durch die Lücken zwischen Gesicht und Aufsatz hinausgeschleudert wird. Dyson erklärt, dass man unterhalb des Visors eine Maske tragen könne, was diesen aber sinnlos mache.

Der Mediziner sieht auch zusätzliche Risiken, die durch den Visor entstehen. Dadurch dass dieser Luft direkt in Richtung der Mund- und Nasenschleimhäute bläst, trägt er zu deren Austrocknung bei. Diese wiederum sorgt für Risse, durch die Krankheitserreger leichter eindringen können. Wenn es draußen kalt ist, sorgt der kühle Lufstrom zusätzlich für eine Verengung der Blutgefäße, was die Anzahl der weißen Blutkörperchen zur Verteidigung gegen Pathogene in diesem Körperbereich reduziert.

Zudem erinnert er daran, dass schlechte Luftqualität zwar ein ernstzunehmendes Problem ist, das jährlich auch viele Tode durch Atemwegserkrankungen verursacht, die Opferzahlen in städtischen Gegenden der USA durch Unfälle aber deutlich darüber liegen. Und Kopfhörer, die sehr gut gegen Außenlärm abschotten bzw. zur Ablenkung beitragen, spielen dabei eine Rolle.

Zu einer Kaufempfehlung können sich die allermeisten Tester nicht durchringen, so auch MKBHD nicht. "Niemand sollte dieses Produkt kaufen", resümiert er. Es sei aber wohl ein gelungener Marketingstunt für Dyson, das sich damit zum Gesprächsthema gemacht hat. (gpi, 17.5.2023)