Die Taten wurden zwischen 1998 und 2011 verübt, 2018 wurde sie nach einem fünf Jahre langen Mammutprozess schuldig gesprochen – doch erst jetzt hat Beate Zschäpe erstmals deutlich eine Mitschuld an den Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) eingeräumt. Gegenüber einem bayerischen Untersuchungsausschuss zeigte sie sich am Montag gesprächig wie noch nie. 

Beate Zschäpe
Ein Archivbild von Beate Zschäpe.
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Die bayerischen Landtagsabgeordneten des NSU-Untersuchungsausschusses waren am Montag in die Justizvollzugsanstalt Chemnitz gereist, um für mehrere Stunden die 48-jährige Zschäpe zu befragen. Ausschussvorsitzender Toni Schuberl von den Grünen berichtete danach, ihr Schuldeingeständnis habe eine "neue Qualität" gehabt. Ihm zufolge hat sie gesagt, dass sie die Schuld ganz klar auch bei sich sehe: "So, als hätte sie selbst abgedrückt."

Taten nur durch Zschäpe möglich

Zudem erklärte Zschäpe laut Schuberl, dass sie die Taten nicht gewollt habe, sie aber nur durch sie möglich gewesen seien. Die Verbrechen hätte sie laut eigener Aussage verhindern können, wenn sie sich gestellt hätte, als sie vom ersten Mord erfuhr.

Auch Zschäpes Anwalt Mathias Grasel erklärte, seine Mandantin habe "deutlich intensiver" als bislang ihre Mitschuld eingeräumt. "Es bleibt zwar dabei: Eine aktive Mitwirkung gab es nicht, weder in der Vorbereitung noch in der Durchführung", so Grasel. "Aber sie sagte heute mehrfach ganz klar: Hätte ich nach dem ersten Mord anders gehandelt und reagiert, wäre alles andere nicht passiert."

Erstmals Fragen beantwortet

Es ist das erste Mal, dass Zschäpe direkt auf Fragen antwortete. Im NSU-Prozess hatte sie sich nur schriftlich geäußert und auch schriftlich auf Nachfragen geantwortet. Lediglich zweimal meldete sie sich selbst zu Wort, unter anderem in ihren Schlussworten.

Der Untersuchungsausschuss, der zweite im bayerischen Landtag zum NSU, will unter anderem mögliche Verbindungen der Terrorzelle in die bayerische Neonaziszene aufklären. Diesbezüglich gab Zschäpe aber keine hilfreichen Informationen preis. So erklärte sie, es habe keine Helfer in Bayern gegeben. "Sie ist nicht sehr glaubhaft", sagte dazu der SPD-Abgeordnete Arif Taşdelen.

Neun Menschen ermordet

Zschäpe hatte mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fast 14 Jahre im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die beiden Männer acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Außerdem führten sie Raubüberfälle und Anschläge durch. Wer dahintersteckte, wurde erst bekannt, als sich Mundlos und Böhnhardt 2011 das Leben nahmen, um ihrer Festnahme zu entgehen. Zschäpe zündete wie vereinbart die gemeinsame Wohnung an, verschickte ein Bekennervideo und stellte sich.

Zschäpe wurde 2018 nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer zu lebenslanger Haft verurteilt – als Mittäterin, auch wenn es keinen Beweis gibt, dass sie selbst an einem Tatort war. (APA, red, 23.5.2023)