Staatssekretär Bence Rétvári sieht Ungarn in der Bekämpfung von Schleppern von der Europäischen Union alleingelassen.
EPA/Tamas Kovacs

Budapest – Die ungarische Regierung hat die Entscheidung über die vorzeitige Freilassung verurteilter ausländischer Schlepper verteidigt. Der Staatssekretär im Innenministerium, Bence Rétvári, sieht dabei die Verantwortung bei Brüssel. Ungarn habe diese Entscheidung treffen müssen, weil die EU keinen Beitrag zu den Kosten des Grenzschutzes leiste, Ungarn jedoch zugleich mit Überlastung seiner Gefängnisse bestrafe.

808 Inhaftierte betroffen

Von der neuen Verordnung über die Freilassung ausländischer Straftäter sollen 808 Gefangene betroffen sein, die zumeist aus Nachbarländern kämen, betonte Rétvári laut ungarischer Nachrichtenagentur MTI am Dienstag. Die Kosten des Grenzschutzes würden mehr als 1,5 Milliarden Euro betragen, die Budapest seit 2015 für dieses Ziel ausgegeben habe und die die EU dem Land schulde. Bisher sei lediglich ein Prozent dieser Summe gedeckt worden.

Die nach Europa flüchtenden Menschen "halten wir an unserer Südgrenze auf, wir stoppen die Schlepper und halten sie in Haft", betonte Rétvári. Während die EU für Ungarn keine Finanzen zur Deckung der Inhaftierungskosten der Schlepper und für den Bau neuer Gefängnisse bereitstelle, erwarte sie zugleich, dass "wir die festgenommenen ausländischen Straftäter in ungarischen Gefängnissen, finanziert mit ungarischen Steuergeldern, gefangen halten". Die Jahreskosten für einen Inhaftierten sollen fünf Millionen Forint (13.342 Euro) ausmachen.

Unmenschliche Behandlung in Gefängnissen kritisiert

Ungarische Gefängnisse seien wegen der mehr als 2.000 inhaftierten Schlepper überfüllt. Unter Berufung auf "unmenschliche Bedingungen wegen dieser Überfüllung" seien früher Verfahren gegen Ungarn eingeleitet worden. Der Staatssekretär erinnerte zugleich an das "Gefängnis-Business", bei dem "Anwälte für Insassen Entschädigungsprozesse in Milliarden-Forint-Höhe (ein Forint entspricht etwa 0,0027 Euro) anstrebten und sich dabei auf die Überfülltheit der Gefängnisse und schlechte Haftbedingungen berufen haben".

Die EU-Kommission erklärte in einer Reaktion auf APA-Anfrage, sie würde diese Angelegenheit untersuchen und stehe "in engem Kontakt" mit den ungarischen Behörden. "Die EU verfügt über einen Rechtsrahmen, aber es wäre zu früh, jetzt schon auf Konsequenzen einzugehen", sagte eine Sprecherin am Dienstag in Brüssel. "Wir müssen genau sehen, um was es hier geht."

Laut der Verordnung müssen die aus der Haft entlassenen Schlepper Ungarn innerhalb von 72 Stunden verlassen. Dies würde laut Rétvári keinen Straferlass bedeuten, weil die Betroffenen im Falle des Nichtverlassens Ungarns erneut inhaftiert würden, betonte der Staatssekretär. (APA, 23.5.2023)