ARD und ZDF holen sich für die anstehenden Reformen Hilfe von außerhalb. Bis zum Herbst soll der Bericht des Expertenrates vorliegen.
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Die Aufgabe ist etwas hölzern formuliert, soll aber bis zum Herbst 2023 erledigt sein. Eine "langfristige Perspektive für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und seine Akzeptanz" auch über das Jahr 2030 hinaus entwickeln – dem soll sich der neue Zukunftsrat widmen.

Will heißen: Die acht Medien­expertinnen und -experten mögen sich Gedanken über folgende Herausforderungen machen: Wie kommen die Angebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio an die Jüngeren – Stichwort Social Media? Wie ist der Spagat zwischen Informationen aus aller Welt und regionaler Vielfalt zu schaffen? Und nicht zuletzt: Wie bleibt all dies bezahlbar? In Deutschland gibt es ja schon, was nun auch in Österreich kommen soll: eine verpflichtende Haushaltsabgabe, sie beträgt derzeit 18,36 Euro im Monat.

Den Rat setzte die Rundfunkkommission der 16 deutschen Bundesländer ein, um "aus der Debattenroutine" zu kommen. Vertreten sind etwa der Schweizer Publizist Roger de Weck, Filmproduzentin Bettina Reitz, Urheberrechtsexpertin Nadine Klass und die frühere Gruner-+-Jahr-Chefin Julia Jäkel.

Und natürlich soll der Zukunftsrat sich darüber den Kopf zerbrechen, wie das Programm künftig skandalfreier geliefert wird. Die Einsetzung des Gremiums war nämlich nicht zuletzt eine Reaktion auf diverse Affären, die nicht dazu bei­trugen, die Akzeptanz der Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland zu stärken.

Verschwendung

Als "Mutter aller Skandale" gelten jene Vorwürfe, die den RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) erschütterten. Im Zentrum stand Patricia Schlesinger, die bis August 2022 Intendantin des RBB und auch Vorsitzende der ARD war.

Die 61-Jährige soll sich nicht nur eine üppige Gehaltserhöhung und zusätzliche Boni gegönnt haben, sondern auch den Dienstwagen (mit Massagesitzen) privat genutzt und außerdem private Essen in ihrer Wohnung dienstlich abgerechnet haben. Auch wird ihr vorgeworfen, die Chefetage in Berlin für 600.000 Euro umgebaut zu haben.

Gleichzeitig wurden Budgets gekürzt, und bei den freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurde gespart. Schlesinger trat als ARD-Vorsitzende und RBB-Intendantin im August 2022 zurück, sie wurde vom RBB zudem fristlos entlassen. Gegen den Rauswurf wehrt sie sich bei Gericht. Außerdem ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft in Berlin. Es gilt die Unschuldsvermutung. RBB-Medienexperte Jörg Wagner spricht von der "stärksten Krise des öffentlichen Rundfunks" in den vergangenen 30 Jahren.

Beeinflussung

Schwere Vorwürfe tauchten auch bei einer weiteren ARD-Anstalt, dem NDR (Norddeutschen Rundfunk), auf. Das Springer-Portal Business Insider deckte auf, dass neun Angestellte des Landesfunkhauses Kiel (Schleswig-Holstein) Missstände angeprangert haben.

Sie sprachen gegenüber dem Redaktionsausschuss von einem "Klima der Angst" in der Redaktion und von "politischen Filtern" in der Berichterstattung. Diese werde zum Teil verhindert, Kritik heruntergespielt.

Führungskräfte, so weitere Vorwürfe, würden wie "Pressesprecher der Ministerien" agieren, Berichterstattung über den Rücktritt des Landesinnenministers sei unterdrückt worden. Der NDR wehrt sich und sieht hingegen eine "unterschiedliche journalistische Bewertung einer tagesaktuellen redaktionellen Entscheidung".

Mangelnde Transparenz

Einen Rücktritt gab es 2022 auch beim MDR (Mitteldeutschen Rundfunk), der für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig ist.

Ines Hoge-Lorenz, Direktorin in Sachsen-Anhalt, teilte nach eineinhalb Jahren im Amt mit, sie habe vergessen, über einen Zusammenhang zwischen der "Causa Foht" und ihrem Ehemann zu informieren.

Der Fall des MDR-Unterhaltungsintendanten Udo Foht hatte den Sender 2011 erschüttert. Erst vor zwei Monaten war Foht nach einem Geständnis wegen Betrugs verurteilt worden. Im Zuge der Ermittlungen hatte es laut Bild auch bei Hoge-Lorenz’ Mann eine Hausdurchsuchung gegeben. (Birgit Baumann aus Berlin, 24.5.2023)