Zement
Die Herstellung von Zement ist äußerst energieintensiv. Durch Einsatz von Ersatzbrennstoffen können die Kosten gesenkt und der CO2-Fußabdruck reduziert werden
APA/AFP/SEBASTIEN SALOM-GOMIS

Die Zementindustrie gehört in Europa zu den Pionieren bei der Verwendung sogenannter Ersatzbrennstoffe. Nach und nach springen auch andere Industriezweige wie die Papier-, Faser- und Spanplattenindustrie auf, insbesondere seit die Preise für fossile Energien im Gefolge des Ukraine-Kriegs nie zuvor gesehene Höhen erreicht haben. Ersatzbrennstoffe – kurz EBS – helfen nicht nur Kosten sparen, sondern den CO2-Fußabdruck zu verringern.

Hierzulande zählt Lafarge zu den Anwendern der ersten Stunde. Das Unternehmen mit französischen Wurzeln gehört mit Perlmooser Beton seit 2015 zum Schweizer Holcim-Konzern und firmiert seit Anfang dieses Monats als Holcim Österreich.

Gemeinschaftsunternehmen

Vor mittlerweile 20 Jahren ging in Retznei in der Südsteiermark das erste Werk in Österreich zur Herstellung von EBS an den Start, nicht zufällig am Standort eines der Zementwerke von Holcim. Mittels Förderband gelangt der Brennstoff dort direkt in den Drehrohrofen, wie Holcim-Österreich-Chef Berthold Kren erläutert. "Wir brauchen einen starken Partner wie Saubermacher, der uns dabei hilft, die Materialien zu bekommen. Allein schaffen wir das nicht", sagte Kren in einem Pressegespräch am Mittwoch.

Das Entsorgungsunternehmen Saubermacher mit Sitz in Graz ist Mehrheitseigentümer von Thermoteam, das Ersatzbrennstoffe in unterschiedlichen Qualitäten – sprich Brennwerten – herstellt. Saubermacher hält 75 Prozent, Holcim die restlichen 25 Prozent am Joint-Venture. Die Produktionskapazität liegt bei 100.000 Tonnen EBS pro Jahr. Im Werk Retznei konnten mehr als 95 Prozent der für die Zementherstellung benötigten Energie mittlerweile durch EBS substituiert werden. Der Rest entfällt auf Steinkohle bzw. Petroleumkoks – "aus technischen Gründen", wie Kren sagt.

Arbeit an globaler Norm

Ersatzbrennstoffe könnten aus Sicherheitsgründen und um Emissionsgrenzwerte einzuhalten, erst ab bestimmten Temperaturen eingesetzt werden. Zum Vergleich: Die EBS-Substitutionsrate in Österreichs Zementindustrie liegt laut jüngsten Daten bei etwas mehr als 80 Prozent im Schnitt, in der EU bei rund 40 Prozent. Damit sei Österreich beim Einsatz von EBS weltweit führend, gefolgt von Deutschland, Polen und Tschechien.

Faktum ist, dass die Produktion beispielsweise von Zement, die extrem energieintensiv ist, ohne EBS in unseren Breiten kaum mehr möglich wäre. Noch sieht die EU den EBS-Einsatz als rein thermische Verwertung. An der Montanuniversität Leoben wird unter Roland Pomberger, Professor für Abfallverwertungstechnik und Abfallwirtschaft, aber schon an einer weltweit gültigen ISO-Norm gearbeitet, die, wenn alles gut geht, im kommenden Frühjahr auf EU-Ebene beschlossen werden könnte. Dann, so die Hoffnung von Saubermacher-Gründer Hans Roth, sei zu erwarten, dass Brüssel den Recyclingteil anerkennt und folglich der Einsatz von Ersatzbrennstoffen "auch einen Beitrag für das Erreichen der Recyclingziele insgesamt leisten kann". (Günther Strobl, 24.5.2023)