Der Nationalrat stimmt am Mittwoch über das Energieeffizienzgesetz ab. Für dieses ist eine Zweidrittelmehrheit nötig, doch die SPÖ will gegen die Reform stimmen.
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Die SPÖ will im Parlament keinen neuen Gesetzen zustimmen, solange sie keine Zusage zu ihren Forderungen im Kampf gegen die Teuerung bekommt – auch dann nicht, wenn es um Reformen geht, die für die Energiewende wichtig wären. Eines dieser Gesetze ist jenes für die Energieeffizienz. Die Regierungsparteien schickten es trotz angekündigter Blockade am Mittwoch zur Abstimmung ins Plenum.

Weil das Gesetz aber nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden kann, ist es auf die Zustimmung eines Teils der Opposition angewiesen. Die FPÖ lehnte von vornherein ab und blieb auch dabei. Der Energiesprecher der SPÖ, Alois Schroll, kündigte schon im Vorfeld gegenüber dem STANDARD an, dass die Partei bei ihrer Ablehnung bleiben würde. Der Fall ist außergewöhnlich: Normalerweise schicken Regierungen Gesetze, für die es keine klare Mehrheit gibt, nicht zum Votum. 

Doch dieses Mal ist etwas anders: Die EU-Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet, weil das Energieeffizienzgesetz eigentlich schon lange hätte umgesetzt werden müssen. Bereits 2018 hat die EU eine Effizienzrichtlinie verabschiedet. Die Frist endete 2020, in Österreich ist bis heute nichts passiert. "Wir können der EU-Kommission gegenüber keine weiteren Aufschiebungen mehr argumentieren", erklärte der grüne Energiesprecher Lukas Hammer, warum die Abstimmung weiter auf der Tagesordnung stand. Da die SPÖ bei ihrem Nein blieb, drohen Strafzahlungen.

Blockade als "maximaler Druck"

Die einzige Chance für das Gesetz sei ein Tausch gegen eine Zustimmung zu preissenkenden Maßnahmen, wiederholte der SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried vor der Plenarsitzung am Mittwoch und Donnerstag seine Ankündigung von vergangener Woche. Die SPÖ werde Anträge zu drei Maßnahmen gegen die Inflation einbringen, kündigte er an – einen zur Senkung der Mieten, einen zum Aussetzen der Mehrwertsteuer auf alltägliche Lebensmittel sowie einen zur Einrichtung einer Antiteuerungskommission. Mit der Forderung wolle die SPÖ "maximalen Druck auf ÖVP und Grüne" ausüben, so Leichtfried.

Auch inhaltlich hatte die SPÖ das Effizienzgesetz kritisiert. Sie forderte, Energielieferanten dazu zu verpflichten, ihren Kundinnen und Kunden beim Energiesparen zu helfen. Eine solche Klausel, im Fachsprech Lieferantenverpflichtung, gab es bereits im alten Effizienzgesetz von 2014 – sie wurde allerdings als zahnlos kritisiert, weil Unternehmen alle möglichen Alibimaßnahmen anrechnen konnten. Eine ähnliche Regel erneut einzuführen, wenn auch strenger, wie die SPÖ fordert, lehnt wiederum die ÖVP ab.

"Wir haben der SPÖ dafür mehrere Kompromisse angeboten. Wir würden für eine zusätzliche Maßnahme gegen Energiearmut jedes Jahr bis 2030 15 Millionen Euro zur Verfügung stellen", so Hammer über das Gesetz, an dem bereits seit zweieinhalb Jahren gearbeitet wird. Ergänzt wurde schließlich eine neue Koordinierungsstelle zur Bekämpfung von Energiearmut. Der SPÖ winkte ab: Das reiche nicht. 

Besser als der Status quo

Tanja Graf (ÖVP) zeigte dafür wenig Verständnis, seien im Paket bis 2030 doch auch 105 Millionen Euro gegen Energiearmut vorgesehen, die die SPÖ damit offensichtlich auch ablehne. Höchst verärgert war Lukas Hammer von den Grünen. Die "Trotzhaltung" der SPÖ sei "unverantwortlich und inakzeptabel", sagte er. Lehne sie das Gesetz ab, "dann habt ihr den letzten Rest an Glaubwürdigkeit in Sachen Klimaschutz endgültig verloren."

Im Kern soll der Gesetzesentwurf verankern, dass der Endenergieverbrauch von derzeit 310 Terawattstunden bis 2030 auf 255 Terawattstunden sinkt. Außerdem sieht es zusätzliche 190 Millionen Euro für Energiesparmaßnahmen in Haushalten und Unternehmen vor. Unternehmen ab 250 Beschäftigten soll es verpflichten, alle vier Jahre Energie-Audits durchzuführen. Und Energieunternehmen müssten Haushalte in puncto Effizienz beraten. "Dieses Gesetz wäre jedenfalls eine große Verbesserung gegenüber dem Status quo, auch wenn wir der ÖVP natürlich auch schon ambitionierte Entwürfe geschickt hatten", meint Hammer.

Positiv beurteilte auch Claudia Kettner vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) den Regierungsentwurf vom Dezember. Es sei positiv, dass sich etwas bewege, sagte sie nach der Veröffentlichung – wenngleich das Gesetz stärker hätte ausfallen können, wie zum Beispiel bei der weiteren Unterstützung einkommensschwacher Haushalte bei der Sanierung. Jetzt, fünf Monate später, deutet alles darauf hin, dass aber selbst dieser Kompromiss fürs Erste in einer Schublade verschwindet. (Alicia Prager, 24.5.2023)