Was wäre, wenn sie noch am Leben wäre? In der- ARD-Sadcom "MaPa" spielt Lia von Blarer (30, sie war unter anderem als Fritzi im ARD-Mehrteiler "Eldorado KaDeWe" zu sehen) eine Mutter, die einige Monate nach der Geburt ihrer Tochter Lene stirbt. In der neuen zweiten Staffel ist Lene (Pola Friedrichs) eine Vorschülerin, Papa Metin (Max Mauff) versucht als Alleinerzieher das Leben mit einer vorwitzigen Fünfjährigen zu meistern. Mama Emma taucht in Rückblenden immer wieder auf.

Sechs charmante Folgen lang – zu sehen am Freitag und Samstag in der ARD - wird hier experimentiert, gelacht, geweint. Head-Autor Alexander Lindh, Produzentin Laura Bull und Regisseur Jano Ben Chaabane verhandeln Themen wie Trauer, Erziehung, Geschlechterrollen, Elternschaft, alte Freundschaften und eine neue Liebe oder das anstrengende Jonglieren zwischen Job und Familie. Vor allem geht es darum, neben all diesen Herausforderungen nicht auf sich selbst zu vergessen.

STANDARD: Emma hat es nicht leicht mit sich selbst. Was macht sie aus?

Von Blarer: Emma ist eine Figur, die sehr auf der Suche ist. Sie probiert viel aus, weil sie sehr offen ist und in viele Richtungen gehen kann. Für sie ist es schwer, etwas zu finden, von dem sie das Gefühl hat, für immer dranzubleiben. Auch wenn sie und Metin es nicht immer leicht miteinander haben, hat sie bei ihm das Gefühl, dass Familie mit ihm funktionieren könnte. Die beiden hätten die Möglichkeit gehabt, lange zusammenzubleiben. Wenn sie nicht gestorben wäre.

STANDARD: Es geht in der Serie vor allem darum, die Rolle als Mutter oder Eltern zu finden und in die neue Situation mit einem Baby hineinzuwachsen. Ein Thema, das wohl alle Eltern betrifft.

Von Blarer: Elternsein ist so individuell und geprägt davon, wo man selbst steht und wie man zueinander steht. Emma und Metin und auch die anderen Figuren aus "MaPa" haben Anteile, an die man anknüpfen und sagen kann, ja das kenne ich, ich kenne diese Zweifel. Sie sind sehr nahe an uns und auch unserer Zeit dran. Eltern, die schon lange Eltern sind, waren ja zuvor auch keine Eltern. Man kann zuvor nicht wissen, wie das ist. Und in diese Rolle hineinzuwachsen ist immer ein Prozess.

Mama Emma (Lia von Blarer) und Tochter Lene (Pola Friedrichs) in der zweiten Staffel von "MaPa", zu sehen ab 26. Mai in der ARD.
Foto: rbb/Carolin Weinkopf

STANDARD: Wie haben Sie sich vorbereitet auf die Rolle einer Mutter?

Von Blarer: Ich habe keine eigenen Kinder. In Vorbereitung auf die Rolle habe ich zum Beispiel meine Eltern interviewt. Ich wollte spüren, was sich für sie geändert hat und wie es für meine Mutter war, als sie Mama wurde. Ich habe auch ein Video meiner Geburt gesehen. Ich wurde in der Badewanne geboren. Und weil Badewannengeburten in den 90er-Jahren in der Schweiz noch nicht so populär waren, wurde die Geburt zu Studienzwecken aufgenommen, damals noch auf VHS.

STANDARD: Wie ist es Ihnen dabei gegangen?

Von Blarer: Es war sehr intensiv und auch ganz anders, als ich mir das vorgestellt habe. Wir sind medial geprägt von Erwartungen und Bildern, wie etwa eine Geburt auszusehen hat. Dass auch eine Geburt etwas ganz Individuelles ist, wird oft vernachlässigt, weil es kein Narrativ dafür gibt.

Metin Müller (Max Mauff) und Lene (Pola Friedrichs) müssen mit dem Tod der Partnerin und Mama umgehen lernen.
Foto: rbb/Carolin Weinkopf

STANDARD: Jetzt, in der zweiten Staffel von "MaPa", hat Metin die erste harte Trauerphase hinter sich. Es geht lustiger und auch experimenteller zu als in der ersten Staffel. Und die kleine Lene ist jetzt im Vorschulalter. Wie war es für sie, mit Pola Friedrichs ein Kind als Kollegin zu haben?

Von Blarer: Es war toll. Das Verrückte und auch Schöne beim Schauspielen ist ja, dass es etwas Ursprüngliches und Intuitives ist. Und dass es unabhängig vom Alter einen professionellen Zugang dazu geben kann. Das war bei Pola total spürbar und ausgeprägt. Sie war einfach eine Kollegin, und da kann man sich auf die Spielfreude so richtig einlassen.

STANDARD: Metin ist in der Serie Autor einer Soap. In einer Szene geht es auch um den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Wie stehen Sie zu KI, etwa für Drehbücher?

Von Blarer: Es sollte mehr darum gehen, kreativen Stoff zu fördern und eine Erzählweise zu finden, die keine künstliche Intelligenz leisten kann. Weil sie anders ist als der dramaturgische Bogen, den die KI gelernt hat. Ich glaube nicht, dass eine KI menschliche Kreativität, das künstlerisch Wertvolle und eigene Zugänge so schnell ersetzen kann.

STANDARD: Apropos eigene Zugänge: Bei "MaPa" kam die Vier-Tage-Woche zum Einsatz – eine Arbeitsweise mit Zukunft für die Branche?

Von Blarer: Absolut, ich habe viele Kolleginnen und Kollegen mit Familie, die Mühe haben, alles einzuteilen. Die Zeit, in der man sich zwischen Familie und Beruf entscheiden muss, sollte endgültig vorbei sein, eine Vier-Tage-Woche kann hier helfen und entlasten, auch in der Planung. Es ist wichtig, diesen Ansatz weiter auszubauen und zu fördern.

Hier geht's ab: Kindergeburtstagsparty für und mit Lene (Pola Friedrichs).
Foto: RBB, Carolin Weinkopf

STANDARD: Wie wichtig sind Ihnen die TV-Quoten?

Von Blarer: Die sind mir tatsächlich egal, ich suche meine Arbeit danach aus, ob mich die Geschichte und die Figuren interessieren. Ob das dann ein kommerzieller Erfolg oder populär wird, interessiert mich nicht. Das ist nicht Teil meiner Arbeit, das ist mir zu unkreativ.

STANDARD: Derzeit drehen Sie in Österreich, in "Kafka" – Regie führt David Schalko, das Drehbuch kommt von Daniel Kehlmann – spielen Sie Kafkas Verlobte Felice Bauer.

Von Blarer: Ich setze mich seit vielen Jahren mit Kafka auseinander, freue mich sehr, dass er als Figur verfilmt wird und über ihn erzählt wird. Ich kenne auch die Briefe zwischen seiner Verlobten Bauer und ihm gut. Es gab also Anknüpfungspunkte, und man musste mich nicht groß ködern. Und Schalko ist ein unfassbar spannender Regisseur, und ich war auch neugierig, wie es ist, in Österreich zu drehen. Österreich ist ein wichtiges Filmland mit einer eigenen ästhetischen und narrativen Sprache, die noch einmal sehr anders ist im Vergleich zu Deutschland und der Schweiz.

STANDARD: Wo sehen Sie die Unterschiede?

Von Blarer: So genau kann ich das noch nicht benennen, vielleicht ein bisschen kollaborativer, ein bisschen legerer und gemütlicher. Und es gibt hier diesen besonderen Humor, den es weder in Deutschland noch in der Schweiz gibt. (Astrid Ebenführer, 26.5.2023)