Ein Tischler und eine Maschinenbauerin könnten die gleiche Basisausbildung machen.
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Nicht nur die Kochlehre, auch andere Lehrberufe haben schon lang keine Erneuerung mehr erlebt. Generell könnten die meisten ausbildenden Betriebe für Lehrlinge den Vorgaben nicht gerecht werden, sagt Robert Frasch, Gründer des Netzwerks Lehrlingspower. "Die Vorgaben werden irgendwo in Ministerien gemacht, wo niemand eine solche Ausbildung gemacht hat", sagt Frasch, "wie soll da jemand Bedingungen aufstellen, die in der Praxis halten?" In Gesprächen mit Ausbildenden höre er immer wieder, wie praxisfremd die Regeln seien. Dabei geht es aber nicht nur um die Kochlehre.

Auch Tischlereien etwa, die keinen Hobel in der Werkstatt haben, weil sie modernere Geräte verwenden, dürften keine Lehrlinge ausbilden, schrieb Neos-Lehrlingssprecher Yannick Shetty am Tag der Arbeit, dem 1. Mai. Eine sinnvolle Erneuerung wäre laut Frasch eine Basisausbildung, bevor man eine spezialisiertere Lehre angeht. So etwa im Bau- und Metallgewerbe: Im ersten Lehrjahr könnten für alle Auszubildenden nicht berufsspezifische Kenntnisse gelehrt werden, etwa Rechnungswesen. Im weiteren Verlauf könnten Lehrlinge dann flexibler den Job wechseln, zum Beispiel von Mechatronikerin zu Maschinenbauerin.

Grundlagen neu denken

Breiter fächern Auch Josef Weghaupt, Gründer der Bäckerei Joseph Brot, äußerte sich auf Instagram im Zuge der Kochdebatte kritisch: "Die Bäckerlehre ist nicht aktuell und nicht zukunftsorientiert. Man muss die Ausbildung grundlegend neu denken: mit Grundausbildung, die jeder absolvieren muss, und dann etwa Spezialausbildungen wie der Industriebäckerei oder dem Handwerk." Zwar könne Joseph Brot Lehrlinge ausbilden, gleichzeitig gebe es aber auch Neuzugänge, die gar nicht wissen würden, wie Sauerteig funktioniert.

Josef Weghaupt (Joseph Brot) fordert mehr Weitblick für die Lehre.
Joseph Brot

Weghaupt habe sogar der Innung einen Brief geschickt, sie solle vorbeischauen und sich ansehen, wie das Bäckereihandwerk auf moderne Art gelehrt werde. Darauf habe er gar keine Antwort bekommen. "In der heutigen Zeit nicht offen zu sein und sich für Input zu bedanken ist schon arg." Die WKO hingegen verteidigt ihre Lehrlingsstrategie. "Die Inhalte der Ausbildungsordnungen werden laufend evaluiert und an die Anforderungen der Berufsbilder, den technologischen Wandel und den Bedarf der Betriebe angepasst", heißt es auf Anfrage. Es gebe Novellierungen in den Lehrlingspaketen, die im Bundesberufsausbildungsbeirat vorbereitet würden. Zeitgemäße Regeln fehlen Weghaupt trotzdem: Man müsse nicht nur das Mehl kennen, sondern auch, woher das Korn dafür komme. (Melanie Raidl, 25.5.2023)