Wien - Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) lässt kein gutes Haar am geplanten ORF-Gesetz. In einer Stellungnahme im Rahmen des Begutachtungsverfahrens verweisen die Privatsender darauf, dass das Gesetzespaket nicht den Medienmarkt als Ganzes stärke, sondern in erster Linie den ORF: "Dessen Onlinespielraum wird erheblich ausgeweitet, und zusätzlich wird der ORF-Finanzrahmen deutlich erhöht. Dies verstärkt die dominante Position des ORF im Markt – zulasten privater Medien, insbesondere TV und Radio."

Corinna Drumm vom Verband Österreichischer Privatsender kritisiert das geplante ORF-Gesetz.
Corinna Drumm vom Verband Österreichischer Privatsender kritisiert das geplante ORF-Gesetz.
APA/ROLAND SCHLAGER

Um die "negativen Wettbewerbsauswirkungen zu kompensieren", seien Ausgleichsmaßnahmen notwendig, schreibt der VÖP in einer Aussendung. Die im Gesetzesentwurf der schwarz-grünen Regierung vorgesehenen Werbebeschränkungen bei Ö3 und online von jährlich 25 Millionen Euro sind für die Privatsender zu wenig – und vor allem mit den geplanten Maßnahmen nicht realisierbar. "Die vorgeschlagenen Einschränkungen bei der Radiowerbung würden nur zu Mindereinnahmen von 0,2 Millionen Euro führen, das sind weniger als ein Prozent des von der Politik gewünschten Effekts. Im Bereich der TV-Werbung sind bislang gar keine Werbebeschränkungen vorgesehen, und die Onlinewerbebeschränkungen werden nicht zu Erlösreduktionen führen, sondern sogar Erlössteigerungen zulassen", heißt es in der Stellungnahme. Der VÖP beruft sich dabei auf eine Studie, die der Werbeexperte Peter Lammerhuber verfasst hat. Er gründete 1987 die Mediaagentur Media Com.

VÖP will Beschränkung der Werbezeiten

Lammerhuber schlägt eine Reduktion der Werbezeit pro Sender im TV-Hauptabend des ORF-Programms auf 15 Minuten bei gleichbleibendem Tagesgesamtlimit vor sowie eine Reduktion der vermarktbaren Werbeminuten bei Ö3 und gesamt im ORF-Radio um jeweils 15 Prozent. Die Möglichkeit zur Überschreitung der täglichen Werbezeitgrenzen in TV und Radio – die Durchrechnung – sollte komplett beseitigt werden, so Lammerhuber.

Die Maximalanzahl der Audio- und Videobeiträge auf orf.at sei, so wie für Textbeiträge, "auf ein marktverträgliches Ausmaß von max. 300–350 Beiträgen pro Woche zu limitieren, und zwar ohne Bindung an die Zahl der Textbeiträge. Die Onlinebereitstellungsdauer sollte grundsätzlich bei maximal 30 Tagen liegen, mit wenigen Ausnahmen längerer und kürzerer Bereitstellung, und Online-First sollte an die journalistische Aktualität des Inhalts geknüpft werden", schreibt der VÖP in seiner ausführlichen Stellungnahme.

Corinna Drumm, Geschäftsführerin des VÖP, fasst die Sichtweise des privaten Rundfunks in der Aussendung so zusammen: „Um das Medien-Ökosystem und insbesondere die Vielfalt von Privatradio und Privat-TV zu beschützen, sind jedenfalls noch umfangreiche Adaptierungen des vorgelegten Gesetzesentwurfs erforderlich. Die von Peter Lammerhuber vorgeschlagenen Maßnahmen zur Reduktion der Werbeintensität des ORF sind das absolut nötige Mindestmaß als Ausgleich für die Stärkung des ORF infolge des Gesamtpakets. Andernfalls bleiben private TV-, Radio- und Online-Angebote aus Österreich der übermächtigen kommerziellen Konkurrenz durch den ORF ausgesetzt. Dies gefährdet die Vielfalt, Qualität und letztlich die besondere Rolle der Medien für das Funktionieren der Demokratie in Österreich.“ (red, 25.5.2023)