Wer derzeit einen Kredit von der Bank will, hat es weit schwerer als noch vor zwei Jahren. Denn die Zinsen sind hoch, und Kreditinstitute sind nicht mehr so spendierfreudig wie früher. Das hat dazu geführt, dass die Nachfrage nach Eigentum zurückgegangen ist und die Preise auf dem Immobilienmarkt leicht sinken oder stagnieren. Die Branche und viele Akteurinnen reagieren derzeit darauf – das treibt mitunter auch seltsame Blüten. Wir haben fünf Beispiele gesammelt.
1. Möbelhäuser setzen wieder mehr auf Mieterinnen
Bei Häuslbauern sitze das Geld nicht mehr so locker wie zuletzt, hieß es unlängst bei einer Pressekonferenz des Welser Möbelkonzerns XXXLutz. Seit Februar seien die Küchenanfragen, das Hauptgeschäft des Unternehmens, zurückgegangen – auch weil insgesamt weniger gebaut werde. Mieterinnen gäben weniger für Küchen, dafür mehr für andere Wohnbereiche aus – darauf wolle man sich nun konzentrieren. Auch Maklerinnen und Makler berichten bereits, dass sich die Nachfrage nach Miet- und Eigentumswohnungen verschoben hat. Derzeit interessieren sich 60 Prozent für Mietwohnungen und 40 Prozent für Eigentum – zuvor sei das Verhältnis genau umgekehrt gewesen.
2. Bauträger stoppen Projekte
Wurde Wohnraum früher zum größten Teil von gemeinnützigen Bauträgern errichtet, haben vor einigen Jahren Investoren die Assetklasse Wohnen für sich entdeckt. Immer mehr Menschen wollten ihr Geld in Immobilien anlegen, und so wurde eifrig für sie produziert. Weil das Geld bei den Banken derzeit aber nicht mehr so locker sitzt, sind Anlegerwohnungen nun weniger gefragt. Auch institutionelle Investoren, die zuletzt bereits in Bau befindliche Projekte gekauft hatten, sind nun zurückhaltender. Viele Bauträger stoppen daher – auch aufgrund der hohen Baukosten – seit letztem Jahr ihre Wohnprojekte.
3. Neue Angebote mit Wertgarantie fürs Eigentum
Auf dem Immobilienmarkt gibt es derzeit einige unbekannte Variablen. Wie hoch steigen die Mieten noch? Werden die Kreditvergaberichtlinien irgendwann wieder gelockert? Wie entwickeln sich die Zinsen? Viele fürchten wohl auch, der Wert ihrer Immobilien könnte sich demnächst verringern. Diesen Befürchtungen hält der Immobilienentwickler Zima ein neues Angebot entgegen. Im Projekt Attemsgarten in Wien-Donaustadt erhalten Käuferinnen die Option auf ein Rückkaufsrecht nach drei Jahren zum Ankaufspreis. Mit dieser Wertgarantie wolle man ein vertrauensvolles Signal setzen und unterstreichen, dass man weiter an eine positive Entwicklung am Immobilienmarkt glaube. Die Assetklasse Wohnen werde weiterhin lukrativ bleiben, heißt es vom Unternehmen.
4. Freiflächen sind nicht mehr so begehrt
Spätestens durch die Corona-Pandemie ist in den Städten ein regelrechter Run auf Freiflächen ausgebrochen. Wer nicht aufs Land flüchten konnte, wollte zumindest zu Hause die Möglichkeit haben, frische Luft zu schnappen. Auch heute sind Balkone, Loggien und Terrassen noch begehrt, allerdings erhöhen Freiflächen den Kaufpreis oder die monatliche Miete um bis zu 20 Prozent, heißt es von Immoscout 24. Aufgrund der gestiegenen Lebenserhaltungskosten sei der "Hype um Freiflächen bei Immobilien" daher vorbei, und Suchende machen in diesem Punkt Abstriche, verkündete die Immobilienplattform zuletzt. Bei Kaufobjekten mit Freifläche habe es zuletzt ein Nachfrageminus von 53 Prozent gegeben, womit sich der Wert auf dem Niveau von vor der Pandemie eingependelt habe.
5. Kleine Wohnungen bleiben übrig
In den letzten Jahren waren sie ein Verkaufshit: Zwei-Zimmer-Wohnungen für Anlegerinnen. Bauträger produzierten sie in rauen Mengen. Für viele, die etwas gespart hatten, war das ein überschaubares Investment. Nun fehlt auch ihnen das Geld. Kleine Wohnungen werden daher nun zu größeren zusammengelegt, und der Wohnungsmix in neuen Projekten wird angepasst. Der Vorteil: Auf dem Immobilienmarkt scheint durch die aktuelle Nachdenkpause zur Abwechslung wieder die Frage in den Mittelpunkt zu rücken, welche Immobilien die Menschen zum Wohnen tatsächlich brauchen. (Bernadette Redl, 5.6.2023)