Kurz sah es so aus, als blieben in Teilen des Landes die Pools heuer staubtrocken: In einigen Gemeinden im Südburgenland und der Steiermark erfuhren Bewohnerinnen und Bewohner im April mittels Postwurfs, dass sie ihre Pools nicht befüllen durften. Der Grund: Wasserknappheit.

Pool Familie Südburgenland
Ellen Haas, Christoph Miksch und Alma haben sich ihr kleines Paradies in Form eines aufstellbaren Beckens im Südburgenland geschaffen.
Pilo Pichler

Die Familie von Ellen Haas wollte ihren aufstellbaren Pool im Südburgenland wegen der Wasserknappheit heuer gleich ganz ungenutzt lassen. Doch dann kam der verregnete Mai – und die Lage entspannte sich. Die Befüllverbote sind längst aufgehoben. Der kleine Pool von Ellen Haas, der inmitten des verwucherten Gartens eines alten Bauernhofes steht, ist mittlerweile randvoll. Eine Nacht lang ist das Wasser gelaufen. "Mir hätte ja eine Gartendusche auch gereicht", sagt Haas. Doch sie wurde überstimmt. Die Familie wollte einen Pool, erzählt sie, während ihre Tochter Alma von der Leiter ins Wasser springt: Platsch!

Blickt man aus der Vogelperspektive auf Österreich, sieht man viele türkise Vierecke und Kreise, ganz besonders im Wiener Speckgürtel, aber auch in der Steiermark und in Oberösterreich (siehe Grafik). Das kalifornische Lebensgefühl hat sich in Österreichs Gärten ausgebreitet. Wie viele Pools es gibt, weiß man nicht. Schätzungen gehen aber davon aus, dass es mehr als 150.000 private Swimmingpools gibt.

In der Corona-Pandemie waren die Auftragsbücher der Poolbranche prall gefüllt. Und auch die "Gummiwuchteln" aus dem Baumarkt, wie sie oft genannt werden, gingen weg wie warme Semmeln. Das Urlaubsgefühl im eigenen Garten boomt – auch, weil viele sich angesichts immer heißer werdender Sommer zu Hause abkühlen möchten.

Verbot neuer Pools

Aber über manchem Paradies sind kleine Wolken aufgezogen. Ellen Haas fragt sich in ihrem Garten im Südburgenland zum Beispiel manchmal, wie nachhaltig ein Pool ist: "Unsere Tochter redet von Greta Thunberg. Da kommt man ins Nachdenken." In weiten Teilen des Landes ist Wasserknappheit zwar kein Thema. Doch es gibt Poolbesitzer, die im Vorjahr saftige Nachzahlungsforderungen erhielten, weil die Pumpe, die jeden Tag stundenlang läuft, viel Energie frisst.

Der steirische Landesrat Johann Seitinger (ÖVP) sprach vor einigen Wochen gar über das Verbot neuer Pools – fühlte sich später aber medial missverstanden. Steuern werden auf Pools wegen der enormen Verbrauchsspitzen in manchen Gemeinden aber bereits eingehoben, und auch in Kärnten können Bürgermeister dank einer Gesetzesänderung künftig die Befüllung von Pools verbieten.

Sind Swimmingpools die neuen Langstreckenflüge – also aus der Zeit gefallene Klimasünden, für die man sich im Geheimen schon ein wenig schämen sollte? Oder wird der harmlosen Abkühlung im Garten Unrecht getan?

Fühlen Sie Poolscham?

Die Süddeutsche Zeitung rief im Sommer des Vorjahres bereits die Poolscham aus, analog zur Flugscham, wonach klimabewussten Menschen heute das Fliegen und auch ihr Swimmingpool peinlich sind. Und die Wirtschaftswoche nannte den Pool gar "den neuen Diesel".

Gibt es Poolscham wirklich? Ein Poolbauer berichtet tatsächlich, er habe bereits einmal die Anfrage von Kunden bekommen, den Pool genau dann zu liefern, wenn die Nachbarn im Urlaub gewesen seien, und spricht von einer "Neidgesellschaft". Ein Massenphänomen sei das jedoch nicht. Viele, die sich derzeit einen Pool errichten lassen, wollen darüber aber lieber nicht mit dem STANDARD sprechen.

Die Sache mit den Pools ist eben nicht schwarz oder weiß, sondern türkisblau, und vor allem kompliziert. Und der Wasserverbrauch ist – neben den Stromkosten für die Pumpe, dem Material des Beckens und der Chemie, die ins Wasser geschüttet wird – nur ein Aspekt von vielen, wenn man einschätzen will, was die vielen Pools für Land, Umwelt und Gesellschaft bedeuten.

Zumindest, was den Wasserverbrauch angeht, gibt Roman Neunteufel vom Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz an der Boku, Entwarnung: "Die Verwendung von Pools ist nicht zu verteufeln", sagt er – sofern man sich an Spielregeln hält. 30 Kubikmeter Wasser fasst ein durchschnittlicher Pool. Das sind 200 Vollbäder oder so viel Wasser, dass man 40 Stunden duschen könnte.

Bewusster Umgang mit Wasser

Das klingt nach viel. Zum Vergleich: In einem Dreipersonenhaushalt liegt der jährliche Wasserverbrauch bei rund 150 Kubikmetern im Jahr. Auf das Befüllen des Pools kommen also 20 Prozent des jährlichen Bedarfs. Rechnet man aber mit dem Wasserverbrauch aller Haushalte des Landes, also auch jener ohne Pools, gehen für das Befüllen der Pools nur rund fünf Prozent des gesamten Verbrauchs drauf. Neunteufel rät zum bewussten Umgang mit Wasser, zwanghaftes Wassersparen sei aber nicht nötig. Denn Österreich sei sehr wasserreich.

Christian Portschy vom Wasserverband Südliches Burgenland hat die Wasserstände im Überblick.
STANDARD

In einigen Gemeinden des Landes ist die Situation aber eine andere. Vergangenes Jahr, so erinnert sich Christian Portschy, Chef des Wasserverbandes Südliches Burgenland, wäre die Sache fast aus dem Ruder gelaufen. Zu Christi Himmelfahrt wurde in der Region quasi überall zeitgleich der Wasserhahn aufgedreht. Der Verbrauch vervierfachte sich in manchen Orten – und die Bestände in den 25 Wasserbehältern schrumpften, bis das System Alarm schlug: "Da wurden wir ziemlich nervös", sagt Portschy.

Insgesamt fließen im Südburgenland 50 Millionen Liter Wasser pro Jahr in die Swimmingpools. Würde das an einem Wochenende passieren, bräche die Wasserversorgung zusammen. Daher entwickelte der Wasserverband einen Poolbefüllkalender. Wer anfüllen will, muss sich anmelden. Solche und ähnliche Systeme gibt es auch in anderen Gemeinden.

Ist der Kalender an einem Tag schon voll, darf der Wasserhahn im Garten nicht aufgedreht werden. Portschy glaubt, dass sich die meisten Menschen daran halten – auch wenn nicht alle Bürgermeister in der Region von der Notwendigkeit überzeugt waren. Mit einem Blick auf einen Touchscreen in der Zentrale weiß Portschy aber: Die Wasserbehälter sind heuer gut gefüllt.

Ein Pool nach dem anderen

STANDARD-Erhebungen zeigen: In manchen Gemeinden reiht sich mittlerweile ein Garten mit Pool an den anderen. In manchen Regionen haben bereits 30 Prozent oder mehr der Häuser mit Garten einen Pool. Bis 2050 rechnet Boku-Experte Neunteufel mit einem Anstieg der Zahlen auf bis zu 50 Prozent.

Eine Möglichkeit, an Daten über die Anzahl an Pools zu gelangen, sind Satellitenbilder. Selbst frei verfügbare haben heutzutage eine sehr gute Auflösung. Allerdings gibt es nach wie vor auch Hürden hierbei zu überwinden. Ein Beispiel sind Pools und Trampoline. So absurd es vielleicht klingt, aus der Luft sehen sie sehr ähnlich aus. Die Objekte links und in der Mitte sind Pools. Ganz rechts, erkennbar an dem Schatten, befindet sich ein Trampolin.
Boku 2018

Kein Freibad mehr

Früher sei ein privater Pool die Ausnahme gewesen, sagt auch Portschy, heute stelle sich jeder seinen Pool zu Hause auf. "Dadurch ist etwas zusammengebrochen", sagt er und meint damit auch soziale Auswirkungen. Früher lag man im Freibad Handtuch an Handtuch, heute trennt die Menschen meist mehr als die Thujenhecke. Das wirkt sich auch auf das Gemeindeleben aus. Viele, die im Südburgenland aufgewachsen sind, bekommen glänzende Augen, wenn es um das Freibad von Kohfidisch geht. Drei Schilling kostete der Eintritt, mit zehn Schilling konnte man sich ein Eis für sich selbst und die Begleitung leisten.

Bürgermeister Norbert Sulyok auf der Terrasse des ehemaligen Freibads, hinter ihm die Wiese, die einst das Schwimmbecken war.
Pilo Pichler

Heute ist dort, wo sich einst die drei Becken und der Sprungturm befanden, eine Blumenwiese. Nur die Terrasse von früher und die Umkleidekabinen sind noch da. 2008 sperrte das Schwimmbad zu. Die Kosten waren der Gemeinde zu hoch – vor allem, weil in den Einfamilienhaussiedlungen von Kohfidisch längst der Boom privater Pools begonnen hatte: "Ein riesengroßes Schwimmbad ist nicht mehr zeitgemäß", sagt Bürgermeister Norbert Sulyok (ÖVP) und klingt dabei ein bisschen wehmütig. Der Trend gehe in Richtung Vereinzelung. 42 fix verbaute Pools gibt es in der kleinen Gemeinde Kohfidisch unweit der ungarischen Grenze. Und zusätzlich etwa 100 aufstellbare Varianten, der Bürgermeister hat nachgezählt. Häufig werde mit dem Haus gleich ein Pool gebaut, bestätigen andere Bürgermeister aus ländlichen Gemeinden.

Auf der Poolmesse

Ein Sprung zurück in den März dieses Jahres: Der Traum vom kühlen Nass beginnt für viele nämlich schon im Frühjahr, und zwar in einer Mehrzweckhalle in Tulln an der Donau, wo zweimal jährlich Poolmessen stattfinden. Auf dem Messegelände der Pool + Garden platscht und blubbert es an allen Ecken. Vom klassischen Vier-mal-acht-Meter-Becken, über Whirlpools und Naturteiche bis hin zum gigantischen Schwimmbecken, das hochkant stehend eine ganze Hallenwand einnimmt, ist alles dabei.

45.000 Interessierte sind an drei Messetagen gekommen. Doch es rumpelt im Getriebe. Einige Menschen trotten enttäuscht zum Parkplatz zurück. "Es ist uns zu teuer", sagt ein Paar, "vielleicht wird es ja was, wenn wir mal in der Pension sind." Die Preiserhöhungen haben auch vor den Pools nicht haltgemacht. Viele Menschen sind verunsichert, heben sich ihr Erspartes derzeit lieber auf, heißt es auf der Messe.

Dass auch Urlaube teurer geworden seien, spiele wiederum den Poolherstellern in die Karten, sagt Erich Artner von Pool Partner. Ein Aufstellpool aus dem Baumarkt kostet ab 300 Euro, für kleine Becken vom Poolbauer werden 5000 bis 6000 Euro fällig. Für ein großes, rundes Stahlwandbecken mit breitem Handlauf und allem Drum und Dran müssen Kundinnen bis zu 120.000 Euro blechen. Nach oben gibt es kaum Grenzen.

Auch ein älteres Paar, das immer wieder die Hände ins kühle Nass steckt, ist sich uneins. Sie sind extra aus der Steiermark gekommen. Er ist skeptisch, weil seiner Meinung nach im Garten zu wenig Platz ist; er würde lieber stattdessen dreimal auf Urlaub fahren. Sie wünscht sich den Komfort. "Du gehst dann ja nur zehnmal rein im Sommer, das zahlt sich nicht aus", entgegnet er.

Wie in diesem konkreten Fall die Diskussion ausgegangen ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Manche Menschen mit Pools geben tatsächlich freimütig zu, dass sie am Ende seltener hineinspringen als ursprünglich geplant. Und die meisten Österreicherinnen wollen in ihrem Becken keine Bahnen ziehen, sondern nur zur Abkühlung planschen. Dafür reiche schon ein kleines Becken, sagt auch Neunteufel; am Ende wird es trotzdem oft ein Pool, der den ganzen Garten ausfüllt: klotzen, nicht kleckern.

Markus Steurer hat sich in Kohfidisch einen Privatpool gebaut – und spart dafür anderswo Wasser.
Pilo Pichler

Photovoltaik für die Pumpe

"Ein Pool kann nachhaltig sein", ist Markus Steurer dennoch überzeugt. Er steht im Garten seines Einfamilienhauses in Kohfidisch, wo er sich vor einigen Jahren nach langem Nachdenken einen Polyesterpool mit Überdachung und Blick in die Landschaft gebaut hat. 37.000 Liter kommen jedes Jahr in das Becken. Dafür spart Steurer anderswo Wasser und nutzt Regenwasser für die Bewässerung des Gartens und die WC-Spülung. Die Poolpumpe wird außerdem mit der Photovoltaikanlage auf dem Dach betrieben.

Wer beim Blick auf seinen Pool dennoch an Greta Thunberg denken muss, könnte, um Wasser zu sparen, das Becken im Herbst einfach nicht auslassen – laut Experten spricht nichts dagegen. Noch eine Option: Naturpool, Badeteich – oder zur Abkühlung in eine Regentonne steigen. Bleibt noch das Freibad, sofern es noch eines gibt. Dort trifft man dann vielleicht auch seine Nachbarn mal wieder. (Text: Bernadette Redl, Franziska Zoidl, Daten: Robin Kohrs, 4.6.2023)