T. C. Boyle mit seiem Buchtipp.
Privat

"My pleasure!", sagt er gut gelaunt um 10 Uhr Ortszeit, als ich ihn in L.A. am Telefon erreiche. "I’m looking forward to coming to your lovely town again!" Das wird Anfang Juni der Fall sein, "denn ich bin ein guter Autor für meine Verleger!", lacht er. "Ich reise dorthin, wo sie mir sagen, dass ich hinreisen soll."

Eigenes schaffen

Vorher aber reden wir noch übers Lesen: "Meine Mutter kam aus einer Familie ohne Vater und ohne Geld, sie war aber bis zur High School eine gute Schülerin. Mein Vater wuchs im Waisenhaus auf und absolvierte nur die Pflichtschule, er las gar nichts. Und beide lasen nicht die New York Times, sondern die Daily News." Er wuchs im Staat New York auf, wo sie "gute Public Schools" hatten, die Schulbüchereien dort besuchte er häufig. Er liebte Animal Books, semirealistsche Bücher aus der Sicht von Tieren, und ein Buch über die Key Deers, die Hirschen in den Florida Keys, faszinierte ihn besonders. Ab dem College wusste er, "was Literatur für die Welt bedeuten kann".

Als Student sah und hörte er viele große Autoren ihrer Zeit bei Lesungen, die ihn ermutigten, Eigenes zu schaffen und das Akademische zu vergessen: John Cheever, Kurt Vonnegut, John Updike, Don DeLillo. "Die meisten waren schreckliche Performer, auch weil sie meist völlig besoffen waren. Aber trotzdem war es ein Thrill, sie auf der Bühne zu sehen." Er selbst war während des Schreibens oder bei Lesungen nie betrunken, was seinem "professionellen Zugang" geschuldet ist.

Essenzieller Rhythmus

Neben der "Story" ist es jeweils "der Beat der Sprache", der für ihn "die Schönheit des Schreibens" ausmacht. Liebstes Buch? "Tausende!" Thomas Bernhards "wickedness" liebt er, J. M. Coetzees Schande liest er immer wieder, Kazuo Ishiguros Was vom Tage übrig blieb ist "einer der besten Romane überhaupt". Und Denis Johnson ist ein "Unsung Hero der amerikanischen Literatur", von dem er gerade wieder Fiskadoro gelesen hat: Zwei Generationen nach einem Atomschlag vegetieren noch Menschen in den Florida Keys, es gibt die Sumpfleute, die Israeliten oder die Fischer, zu denen der Junge namens Fiskadoro gehört … (Manfred Rebhandl, 27.5.2023)