Gebäudekühlung ist keine einfache Angelegenheit. Hitze soll draußen bleiben, zugleich soll ausreichende Durchlüftung sichergestellt werden, im Idealfall ohne eine energiefressende Klimaanlage einzubauen. Damit das gelingt, braucht es eine gute Planung.

Meister in dieser Disziplin ist aber nicht der Mensch, sondern eine Insektenart, wie eine neue Studie im Fachjournal "Frontiers in Materials" zeigt. Die besondere poröse Struktur der Termitenbauten regt natürliche Luftzirkulation an, die außerdem für die richtige Luftfeuchtigkeit sorgt. Wie das funktioniert, konnten zwei Forscher von der Universität Lund und der Nottingham Trent University nun genauer beschreiben.

Landschaft in Afrika
Termiten sind auf mehreren Kontinenten heimisch, unter anderem in Afrika.
Daniel Rosengren/ZGF

Tunnel für Klimatisierung

Namibische Termiten der Art Macrotermes michaelseni kultivieren im Inneren ihrer Bauten einen Pilz, mit dem sie in Symbiose leben. Damit das gelingt, muss ein für den Pilz passendes Mikroklima mit möglichst konstanter Temperatur geschaffen werden, wobei auch für ausreichende Lüftung und das Abführen des CO2 gesorgt werden muss. Angesichts der Größe der Kolonie, die Millionen Tiere enthalten kann, ist das eine Herausforderung. Die Erfüllung dieser Aufgaben ist eine wesentliche Aufgabe der beeindruckenden Termitenbauten, die mehrere Meter hoch werden können.

Besonders einige auffällige Tunnelsysteme scheinen etwas mit der Klimatisierung zu tun zu haben. Sie sind zur Sonne hin ausgerichtet und während der Regenzeit zwischen November und April, in der auch die Pilzzucht aktiv ist, offen. Außerhalb der Regensaison werden sie aber verschlossen. Die Forscher gingen also davon aus, dass diese Gänge etwas mit dem für die Pilze wichtigen Klima zu tun haben.

3D-Druck für Modell

Für ihre Untersuchung arbeiteten die Forscher mit einem Fragment eines Termitenbaus, das etwa vier Zentimeter dick war und zu etwa 16 Prozent hohl war. Anhand dieser Vorlage erstellten sie mittels 3D-Drucks ein Modell, das sie für Strömungsversuche nutzten. Besonders interessierten sie sich für die Ausbildung von periodischen Luftströmungen, die in Pulsen auftraten.

Sie füllten die Gänge mit kohlendioxidreicher Luft und simulierten die Pulse mit einem Lautsprecher. Bei etwa 30 bis 40 Hertz registrierten sie den größten Luftaustausch. Solche Frequenzen können durch den Wind im Bau erzeugt werden, betonen die Forscher.

Um genauer zu verstehen, wie das funktioniert, vereinfachten sie das System weiter und fertigten flache Modelle an, mit denen sie die Strömungsexperimente wiederholten. Dabei zeigte sich, dass bereits kleine Amplituden der Oszillation genügen, um das gesamte Netzwerk zu belüften.

Technik für bessere Gebäude 

"Bei der Belüftung eines Gebäudes geht es darum, das empfindliche Gleichgewicht von Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Inneren zu erhalten, ohne die Bewegung der verbrauchten Luft nach außen und der Frischluft nach innen zu behindern", sagt David Andréen von der Universität Lund. Die meisten Gebäudesysteme hätten Schwierigkeiten damit, nicht aber die Termiten. "Hier haben wir eine Schnittstelle, die den Austausch von Atemgasen ermöglicht, der einfach durch Konzentrationsunterschiede zwischen der einen und der anderen Seite gesteuert wird." Das genüge, um die Bedingungen im Inneren aufrechtzuerhalten.

Die Forscher träumen davon, die Technik tatsächlich für Gebäude einzusetzen. "Wir zeigen hier, dass dieses komplizierte Netz von miteinander verbundenen Tunneln, das in Termitenhügeln zu finden ist, dazu genutzt werden kann, den Luft-, Wärme- und Feuchtigkeitsfluss in der menschlichen Architektur auf neuartige Weise zu fördern", sagt Andréens Kollege Rupert Soar von der Nottingham Trent University.

Diese Möglichkeiten bietet der zunehmende Einsatz von 3D-Druck im Bauwesen. Dazu müsse die Technik aber noch besser werden. Dann könnten komplizierte Strukturen wie die Gangsysteme in den Termitenbauten mehrere Aufgaben gleichzeitig erfüllen und wie in Termitenbauten Feuchtigkeit und Luftzirkulation gleichzeitig kontrollieren. (Reinhard Kleindl, 29.5.2023)