Prähistorische Zähne und ein Knochenteil
Entdeckt wurden ein Teil eines kindlichen Unterkiefers sowie einige Zähne.
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)

Erst kürzlich wurde mit den ältesten Fußabdrücken Deutschlands ein beachtlicher Fund freigelegt. Nun folgt ein weiterer, der in der Blätterhöhle in Hagen in Nordrhein-Westfalen zu verorten ist. Dort stießen Archäologinnen und Archäologen bei Ausgrabungen auf die rund 12.000 Jahre alten Überreste eines etwa siebenjährigen Kinds aus der Altsteinzeit. Dabei handelte es sich um ein Unterkieferfragment und einige Zähne, wie der Landschaftsverband Westfalen-Lippe am Freitag in Münster berichtete. Die Fachleute fanden außerdem einen Zahn eines erwachsenen Homo sapiens, der zur selben Zeit wie das Kind dort gelebt hatte.

So ähnlich könnte die Fundstätte im Westen des heutigen Deutschland vor 12.000 Jahren ausgesehen haben.
LWL

In der 1983 entdeckten Höhle wurden erstmals vor rund 20 Jahren menschliche Überreste aus der Steinzeit gefunden, daher wird dort regelmäßig gegraben. Die neuen Funde sind nach Angaben des Landschaftsverbands allerdings die bisher ältesten. Zuvor wurden in und vor der Höhle Knochen von etwa zwölf modernen Menschen entdeckt, die vor etwa 5.000 bis knapp 11.000 Jahren dort lebten.

Veränderung der Lebensumstände

Nach Angaben der Wissenschafterinnen und Wissenschafter liefern die Ausgrabungen an der Höhle unter anderem auch Hinweise auf einen dramatischen Klimawandel, der sich auf das Leben der als Jäger und Sammler lebenden damaligen Menschen massiv auswirkte. Dieser veränderte innerhalb kurzer Zeit die Tier- und Pflanzenwelt stark und führte zu weitreichenden Wanderungsbewegungen. So wurden im Bereich der Fundstelle Steingeräte gefunden, wie sie für Süddeutschland und Frankreich typisch waren.

Diese Steinwerkzeuge wurden ebenfalls an der Fundstätte ausgegraben.
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Die Besiedlung Europas durch den modernen Menschen der Spezies Homo sapiens begann nach bisherigen Erkenntnissen der Wissenschaft vor rund 50.000 Jahren und erfolgte in mehreren Wellen über einen langen Zeitraum. Eine neue Forschungsarbeit zeigte kürzlich, dass es vermutlich drei große Migrationsbewegungen brauchte, bis der moderne Mensch in Europa wirklich langfristig Fuß fassen konnte. Zunächst lebten diese Populationen noch gemeinsam mit Menschen des Typs Neandertaler, die dort schon wesentlich länger heimisch waren. Diese starben im weiteren Verlauf aber aus.

Über die Gründe dafür wird weiterhin gerätselt. Genetische Spuren haben Neandertaler zwar in heute lebenden Menschen hinterlassen: Etwa vier Prozent des Genoms mancher Menschen geht auf Neandertaler zurück, die sich demnach mit dem modernen Menschen fortpflanzten. Dies schlägt sich unter anderem in der Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten und selbst in der Nasenform nieder. Manche Fachleute vermuten, dass der moderne Mensch ein quasi geringfügig leistungsfähigeres Gehirn hatte. Womöglich spielten auch Werkzeuge, die die beiden Gruppen unterschiedlich gebrauchten, eine Rolle. (APA, red, 26.5.2023)