Die Klimapolitik in Österreich steckt fest. Der Nationalrat hat sich in eine Pattsituation manövriert: Sowohl SPÖ als auch FPÖ kündigen an, neue Energiegesetze zu blockieren, um die ÖVP und Grüne zuvor jahrelang gerungen haben. Einen Vorgeschmack darauf, was anstehenden Reformen blüht, gab diese Woche die Abstimmung zum neuen Energieeffizienzgesetz im Parlament: Es scheiterte an der für die meisten Energiegesetze nötigen Zweidrittelmehrheit. Auch das geplante Verbot für neue Gasheizungen könnte über dieselbe Hürde stolpern.
Sicher, vieles kann auch ohne gesetzliche Vorgabe geschafft werden. Haushalte sind nicht unbedingt auf die Abgeordneten angewiesen, um ihre Heizsysteme zu tauschen. Aber dass der Umbau dann mit der nötigen und angekündigten Geschwindigkeit gelingen kann, ist unwahrscheinlich.
Entsprechend spannend wird, was die Regierungsparteien in den Nationalen Energie- und Klimaplan schreiben werden, der die Emissionen von Verkehr, Gebäuden und Landwirtschaft drosseln soll. Ein erster Entwurf ist im Juni fällig, die finale Fassung dann im nächsten Jahr. Er soll vorrechnen, wie Österreich seine Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2005 um 48 Prozent senken will. Damit das gelingt, müsste die Klimapolitik jetzt eine 180-Grad-Drehung hinlegen – aber von der ist keine Spur zu sehen.
Österreich läuft damit in gleich mehrere Debakel. Eines davon: Die Kosten der Folgen einer ungebremsten Erderhitzung sind um ein Vielfaches höher als jene der Schritte, die sie abbremsen sollen. Ein weiteres: Gibt es nach 2030 keine guten Alternativen zu fossilen Brennstoffen beim Tanken und Heizen, könnte es so richtig teuer werden. Denn die EU-Staaten haben sich soeben ein neues Handelssystem für Emissionen verpasst. Los geht es 2027, zunächst mit einer Preisgrenze von 45 Euro pro Tonne CO2. Ab 2030 fällt die Obergrenze planmäßig weg. Das System soll den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen beim Tanken und Heizen ganz automatisch schaffen.
Das System ist sinnvoll, der Preis wird für Schub sorgen. Aber es braucht gute Alternativen, auf die ausgewichen werden kann – leistbare Wärmepumpen, gute öffentliche Verkehrssysteme. Klimapolitik nur über Preise zu regeln wäre ein Schuss ins Knie. Der Übergang könnte dann weder schnell genug gelingen, noch wäre er sozial gerecht. Je länger jetzt verzögert wird, desto teurer wird der nötige Umbau – und zwar für Wählerinnen und Wähler aller Parteien. Das Schlamassel werden dann jene Parteien zu verantworten haben, die heute blockieren.
Dabei wird eigentlich immer klarer: Schritte, die die Erderhitzung bremsen und auf die Energiewende vorbereiten, sind nicht zuletzt auch Sozialpolitik und sollen gleichzeitig der Wirtschaft helfen, Planungssicherheit zu bekommen.
Die Parteien dürfen sich in der Klimapolitik voneinander abheben und unterschiedliche Akzente setzen. Aber klimapolitische Gesetze grundsätzlich zu blockieren ist unverantwortlich. Und es wäre auch absurd, das Thema im Wahlkampf allein den Grünen zu überlassen. Das Klima geht alle etwas an.
Höchste Zeit, dass die Parteien endlich eine gemeinsame Strategie finden – oder zumindest die Kompromisse umsetzen, denen Österreich auf EU-Ebene ohnehin schon zugestimmt hat. (Alicia Prager, 27.5.2023)