Albertina
Wachablöse in der Albertina und im Kunsthistorischen Museum: Ende Juni soll feststehen, welche Führungskräfte Sabine Haag und Klaus Albrecht Schröder nachfolgen.
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Als Italien jüngst die für seine Intendanten geltende Altersgrenze von 70 Jahren auch auf Ausländer ausweitete, sorgte das in der italienischen Kunstwelt für Aufregung. Vor allem unter den bereits jetzt oder auch erst in Bälde davon Betroffenen. Der Anlass mag ein politisch motivierter Postenschacher gewesen sein, aber die Maßnahme traf auch einen wunden Punkt all jener, die das Feld nur zögerlich jüngeren Kolleginnen und Kollegen überlassen wollen.

In der Privatwirtschaft wird fallweise bereits mit Diskriminierung argumentiert, wenn es um bestehende Regelungen für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder geht, für die Altersgrenzen von 65 und 75 Jahren vorgesehen sind. Eine Limitierung, die zuletzt etwa von der Erste Group gekippt wurde. So nachvollziehbar derartige Schritte in einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft auch sind, die nächsten Generationen bringt das auch um ihre Chancen, als Führungskräfte eben jenen Erfahrungsschatz und jenes Wissen zu sammeln, das für den Verbleib Bejahrter in Spitzenpositionen so gerne ins Treffen geführt werden.

Chefs im Pensionsalter

Die Annahme, das Regelpensionsalter böte eine grundlegende Orientierung, erweist sich pauschal betrachtet als Trugschluss. Das zeigt etwa ein Blick in die Direktionsetagen österreichischer Bundesmuseen und auf die amtierenden wissenschaftlichen Geschäftsführerinnen. Ausgenommen davon sind nur das Museum für angewandte Kunst (Lilli Hollein, Jg. 1972), das Naturhistorische (Katrin Vohland, Jg. 1968) sowie das Technische Museum (Peter Aufreiter, Jg. 1974).

Die restlichen Häuser werden, zumindest der gesetzlichen Regelung nach, von Pensionisten geführt: Sabine Haag (Kunsthistorisches Museum, KHM) ist als Jahrgang 1962 die jüngste, gefolgt von Karola Kraus (Jg. 1961) im Mumok, Johanna Rachinger (Jg. 1960) in der Österreichischen Nationalbibliothek gleichauf mit Stella Rollig (Jg. 1960) am Belvedere. Der mit Abstand älteste Chef ist Klaus-Albrecht Schröder (Jg. 1955), der die Albertina vor bald 24 Jahren als Mittvierziger übernommen hatte. Ein Befund, der förmlich nach einer Verjüngung im Zuge von Neubestellungen schreit. Gerade auch im Umfeld der anstehenden Nachbesetzungen der wissenschaftlichen Geschäftsführungen der Albertina und des KHM.

Offizielle keine Altersgrenze

Der Ausschreibung im Frühjahr zufolge werden die Stellen ab 1. Jänner 2025 für vorerst fünf Jahre besetzt. Als offenes Geheimnis gilt, dass es um zumindest zwei Amtsperioden geht, um ein gewisses Maß an Kontinuität zu gewährleisten.

Auch wenn es für diese Positionen offiziell keine Altersgrenze gibt, könnte das Antrittsalter durchaus eine Rolle spielen. Dem STANDARD vorliegenden Informationen zufolge qualifizierten sich für die Hearings Kandidatinnen und Kandidaten der Jahrgänge 1965 bis 1975, die zu ihrem Antritt demnach bereits 60 oder höchstens 50 Jahre alt wären.

Wer wird die beiden Großtanker Kunsthistorisches Museum und Albertina nach Sabine Haag und Klaus A. Schröder künftig leiten?
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Der jüngste im Feld ist Oliver Kase (Jg. 1975), promovierter Kunsthistoriker, Sammlungsdirektor Klassische Moderne in der Bayerischen Staatsgemälde-Sammlungen (München) und seit vergangenem Jahr auch stellvertretender Generaldirektor, der sich für die Albertina bewarb. Die älteste unter den Bewerbern ist Marion Ackermann (Jg. 1965), langjährige Leiterin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf und seit 2016
Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

Die deutsche Kunsthistorikerin geriet zuletzt rund um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe in die Kritik: einerseits wegen Sicherheitsfragen, andererseits weil sie einem niederländischen Betrüger, der vorgab, im Besitz eines prominenten Beutestücks zu sein, auf den Leim ging und 40.000 Euro überlassen hatte. Wie sie diese Woche als Zeugin im Prozess gegen den Niederländer vor Gericht betonte, habe sie dabei auf die Expertise von Ermittlern und Fachleuten vertraut.

Bekannte und neue Namen

Ackermanns Vertrag in Dresden läuft im Oktober 2024 aus, womit sie die Generaldirektion des KHM nahtlos übernehmen könnte. Sofern sich nicht einer der männlichen Bewerber durchsetzt. Namentlich etwa Andreas Schumacher (Jg. 1974), Sammlungsdirektor Alte Pinakothek und – wie sein Kollege Oliver Kase – stellvertretender Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, oder auch Georg Plattner (Jg. 1973), Direktor der Antikensammlung im KHM.

Zu den prominenteren Kandidaten gehören Stefan Weppelmann (Jg. 1970), derzeit Leiter des Leipziger Museums der bildenden Künste, der zuvor (2015–2020) als Direktor der Gemäldegalerie des KHM tätig war, sowie Jonathan Fine (Jg. 1969), seit Juli 2021 Direktor des Weltmuseums Wien.

Um die Nachfolge von Klaus Albrecht Schröder rittern, neben Kase, die Chefkuratorin der Albertina modern Angela Stief (Jg. 1974) sowie Hans-Peter Wipplinger (Jg. 1968), Direktor des Leopold-Museums. Größere Chancen werden derzeit anderen eingeräumt: Ralph Gleis (Jg. 1973), seit 2017 Direktor der Alten Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, der zuvor acht Jahre am Wien-Museum tätig war; und Nina Zimmer (Jg. 1973), ehemals Vizedirektorin am Kunstmuseum Basel, die seit 2016 als sogenannte Superdirektorin das Kunstmuseum in Bern und das Zentrum Paul Klee leitet – sie gilt als derzeitige Favoritin. (Olga Kronsteiner, 27.5.2023)