Türkei Wahl Wien
73,88 Prozent der Auslandstürkinnen und -türken in Österreich stimmten für Erdoğan.
APA/AFP/ALEX HALADA

Ankara – Die in Österreich lebenden türkischen Staatsbürger haben auch bei der Stichwahl mit großer Mehrheit für Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan gestimmt. Fast 74 Prozent der Auslandstürkinnen und Auslandstürken, die an der Wahl teilnahmen, gaben ihm vorläufigen Zahlen der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge ihre Stimme. Damit schnitt Erdoğan in Österreich erneut deutlich besser ab als insgesamt. In Wien wurde die Wiederwahl Erdoğans von dessen Fans am Sonntagabend lautstark gefeiert.

Nach Auszählung von mehr als 91 Prozent der Wahlurnen stimmten 73,88 Prozent der Auslandstürkinnen und Auslandstürken in Österreich für den Amtsinhaber, 26,12 Prozent wählten dessen Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu. Offizielle Zahlen der Wahlbehörde zum Ergebnis der Stichwahl in Österreich lagen zunächst noch nicht vor. In der ersten Runde der Präsidentenwahl vor zwei Wochen hatten knapp 72 Prozent der Austro-Türken für Erdoğan gestimmt.

Erdoğan schnitt in Österreich im internationalen Vergleich besonders gut ab. Besser als in der Heimat war das Ergebnis für den Amtsinhaber auch erneut in anderen europäischen Ländern mit großen türkischen Communitys, allen voran Deutschland, wo laut vorläufigen Ergebnissen rund 67,4 Prozent für Erdogan stimmten, Frankreich (66,6 Prozent), die Niederlande (70,4 Prozent) und Belgien (74,9). Dagegen lag in Ländern wie Großbritannien, Schweden oder der Schweiz Kılıçdaroğlu voran.

Feiern in Wien-Favoriten

Zahlreiche Fans des türkischen Präsidenten feierten am Sonntagabend in Wien den Wahlsieg. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie auf dem Reumannplatz in Wien-Favoriten lautstark Feiernde türkische Fahnen schwenkten. Laut einem Sprecher der Wiener Polizei kam es bei den spontanen und daher auch nicht angemeldeten Kundgebungen ab 20.30 Uhr vor allem im Bereich um den Reumannplatz zu Autokorsos, die massive Verkehrsbeeinträchtigungen verursachten.

Durch das Einschreiten der Beamten und entsprechende Anzeigen habe sich die Lage aber gegen 23.30 Uhr wieder beruhigt. Man habe auch, so der Polizeisprecher, möglicherweise gefährdete Objekte wie das Ernst-Kirchweger-Haus oder Botschaften geschützt und verhindert, dass sich die mehreren Hundert Feiernden nicht weiter in Bewegung setzen konnten.

Puls 24 berichtete unterdessen, dass bei Feiern in Favoriten offenbar der Wolfsgruß gezeigt wurde. Das Handzeichen wird seit 2019 vom Innenministerium unter den verbotenen islamistischen und nationalistischen Symbolen gelistet. Verstöße werden mit bis zu 4.000 Euro (im Wiederholungsfall 10.000 Euro) geahndet. Laut Polizei hat es auch Anzeigen nach dem Symbolegesetz gegeben.

Die Wahlbeteiligung hatte in der zweiten Wahlrunde in Österreich mit 57,6 Prozent ein Rekordniveau erreicht. Rund 108.000 türkische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger waren hierzulande wahlberechtigt. Abgestimmt werden konnten in Wien, Salzburg, Bregenz, Linz, Graz und Innsbruck.

Wiener FPÖ ortet "Kalifat" in Favoriten

Die Wiener FPÖ nahm die Kundgebungen zum Anlass, ein "Kalifat" zu orten, zu dem die SPÖ und Bürgermeister Michael Ludwig Favoriten gemacht hätten, Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zum Rücktritt aufzurufen und die feiernden Erdoğan-Fans zur Ausreise in die Türkei aufzufordern. Laut FPÖ-Chef Herbert Kickl ist "die Dreistigkeit der Fanatiker das Ergebnis der Schwäche von SPÖ und ÖVP und auch das Ergebnis von jahrzehntelangen Versäumnissen beim Thema Integration".

Der so kritisierte Innenminister dankte indes den Beamten für ihr "umsichtiges Handeln" und kündigte Ermittlungen des Verfassungsschutzes im Zusammenhang mit dem Zeigen des Wolfsgrußes an: "Der demokratische Rechtsstaat und seine Gesetze sind von allen Menschen, die in unserem Land leben, zu respektieren."

Auch in Deutschland trafen sich Erdoğan-Fans am Sonntagabend in etlichen Städten zu Jubelfeiern und Autokorsos. Dabei kam es laut Polizei zu Verkehrsbehinderungen, dem Zünden von Pyrotechnik und Provokationen zwischen Teilnehmern eines Autokorsos sowie Passanten, die letztlich "auch in körperlichen Auseinandersetzungen endeten". (APA, red, 29.5.2023)