Auf dem Reumannplatz im zehnten Wiener Bezirk feierten zahlreiche Erdoğan-Fans seinen Wahlsieg.
APA/SAMUEL WINTER

Wien – In der Türkei ist die Präsidentenstichwahl am Sonntag zunächst knapp und spannend verlaufen – doch am Ende war Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan der eindeutige Sieger. Anders lautet das Fazit in Österreich: Bei den türkischstämmigen Wahlberechtigten war Erdoğan von Anfang an der klare Favorit dieser Wahl zwischen Autokratie und Demokratie, wie sie Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu versprach.

Bei der Stichwahl erzielte Erdoğan hierzulande unter wahlberechtigten Türken erneut ein deutlich besseres Ergebnis als zu Hause: fast 74 Prozent, eines seiner besten Ergebnisse weltweit. Das sind zwei Prozentpunkte mehr als im ersten Durchgang, den Erdoğan in Österreich bereits haushoch gewonnen hatte.

Gewählt haben nach vorläufigen Zahlen etwas mehr als die Hälfte beziehungsweise ein Rekordniveau von 57,6 Prozent der stimmberechtigten 108.000 Türken und Türkinnen in Österreich. Vom Zuspruch dieser Community zu Erdoğan konnte man sich in Wien-Favoriten am Wahlabend ein Bild machen: Hunderte Erdoğan-Fans feierten auf dem Reumannplatz unangemeldet seinen Wahlsieg, unter großem Polizeiaufgebot.

Jubelfeiern

Dabei wurden Autokorsos mit lautem Gehupe und wehenden Türkei-Fahnen abgehalten, aber auch immer wieder der sogenannte Wolfsgruß gezeigt. Bei diesem handelt es sich um das verbotene Handzeichen der Grauen Wölfe – einer der größten rechtsextremen Gruppen Österreichs. Laut Polizeiangaben kam es zu zahlreichen Anzeigen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigte Ermittlungen des Verfassungsschutzes in dem Zusammenhang an.

Auch in Deutschland trafen sich Erdoğan-Fans in etlichen Städten. Dabei kam es laut Polizei zu Verkehrsbehinderungen, dem Zünden von Pyrotechnik und Provokationen zwischen Teilnehmern und Passanten, die letztlich "auch in körperlichen Auseinandersetzungen endeten".

Jubelfeiern

Kritisiert wurde das unter anderem von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne): Dies seien keine Feiern harmloser Anhänger eines autoritären Politikers, es sei vielmehr eine "Absage an unsere pluralistische Demokratie" und ein "Zeugnis unseres Scheiterns unter ihnen".

In Deutschland, wo Türkischstämmige die größte Minderheit ausmachen, stimmten rund 67,4 Prozent der Wähler für Erdoğan. In Frankreich waren es 66,6 Prozent und in Belgien sogar 74,9 Prozent. Dagegen lag in Großbritannien, Schweden und der Schweiz Kılıçdaroğlu voran. (fmo, 29.5.2023)