Das allgegenwärtige Smartphone wird bekanntlich nicht nur zum Telefonieren verwendet. Die meisten Menschen nutzen es vor allem, um sich Fotos und Videos anzusehen, zu chatten, Musik und Podcasts zu hören, sich über das Tagesgeschehen zu informieren, oder zum Fotografieren. Eine von vielen weiteren Funktionen ist die Möglichkeit zur Tonaufnahme. Einer Bankangestellten wurde dies zum Verhängnis.

Wie aus einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs hervorgeht (OGH 21.4.2023, 8 ObA 18/23i), ließ eine Sekretärin ihr Mobiltelefon bei aktivierter Tonaufnahmefunktion auf ihrem Schreibtisch liegen, um ein allfälliges Gespräch zwischen einem Vorstandsmitglied der Bank und ihrer Vorgesetzten in ihrer Abwesenheit aufzunehmen. Die Sache flog auf, und die Frau wurde in der Folge entlassen.

Mit einem Smartphone kann man leicht Gespräche aufnehmen, ohne dass es jemand merkt. Doch das ist rechtlich riskant.
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Daraufhin zog die Angestellte zu Gericht und bekämpfte ihre Entlassung über drei Instanzen, allerdings ohne Erfolg. Unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung hielt der OGH zunächst fest, dass die heimliche Aufnahme eines Gesprächs mit dem Arbeitgeber durch einen in einer Vertrauensposition beschäftigten Angestellten diesen vertrauensunwürdig macht und daher einen Entlassungsrund darstellt. Eine solche Tonaufnahme verstößt grundsätzlich auch dann gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß § 16 ABGB, wenn der Arbeitnehmer fürchtet, dass der Inhalt eines Gesprächs später anders dargestellt werden könnte (9 ObA 215/92).

Da die Bankangestellte eine Unterhaltung zwischen Dritten heimlich aufgezeichnet hatte, lag hier sogar ein gerichtlich strafbares Verhalten vor (§ 120 Abs 1 StGB). Hätte sie hingegen ihr eigenes Gespräch mit einer anderen Person heimlich aufgenommen, so wäre erst die Weitergabe der Aufnahme an einen Dritten strafbar gewesen (§ 120 Abs 2 StGB).

War die Entlassung rechtzeitig?

Im gegenständlichen Fall war überdies zu klären, ob die Entlassung rechtzeitig erfolgt war. Nach der einschlägigen Judikatur darf der Arbeitgeber mit dem Ausspruch der Entlassung nicht so lange warten, dass der Arbeitnehmer aus diesem Zögern auf einen Verzicht des Arbeitgebers auf die Geltendmachung des Entlassungsgrundes schließen muss. Eine solcherart verspätet ausgesprochene Entlassung wäre trotz Vorliegens eines Entlassungsgrundes rechtswidrig. In der Praxis wird von entlassenen Arbeitnehmern vor Gericht regelmäßig eingewendet, dass die Entlassung nicht nur zu Unrecht, sondern auch zu spät erfolgt sei.

Das Entlassungsrecht geht jedoch dann nicht verloren, wenn mit dem Zuwarten dem Angestellten die Möglichkeit gegeben werden soll, einen gesetzten Entlassungsgrund zu beseitigen (zum Beispiel durch eine Entschuldigung nach einer Beleidigung). Auch die zur Klärung des wesentlichen Sachverhalts und zur Konsultation eines Rechtsexperten erforderliche Zeit wird dem Arbeitgeber zugestanden. Um jedoch beim Arbeitnehmer keine falschen Hoffnungen zu wecken, sollte dieser für die Dauer der Untersuchung jedenfalls dienstfrei gestellt werden.

Gewisse Verzögerung gerechtfertigt

Für die Rechtzeitigkeit der Entlassung kommt es überdies darauf an, wer im Unternehmen zum Ausspruch einer Entlassung berechtigt ist. Ist hierzu nur die Geschäftsführung befugt, so kann dies unter Umständen eine gewisse Verzögerung rechtfertigen. Allerdings muss jedes Unternehmen den internen Informationsfluss so gestalten, dass entlassungsrelevante Sachverhalte an die zum Ausspruch der Entlassung berechtigte Person rasch weitergeleitet werden.

Im vorliegenden Fall gestand die Bankangestellte nach Entdeckung der heimlichen Tonaufnahme, dass sie damit erfahren habe wollen, was das Vorstandsmitglied und ihre Vorgesetzten in ihrer Abwesenheit über sie redeten. Hierauf erklärte das Vorstandsmitglied, dies sei ein massiver Vertrauensbruch, und er müsse sich am Wochenende Gedanken darüber machen.

Dass der Bankmanager die Sekretärin wenig später in einer Besprechung fragte, ob sie sich die Neuorganisation des Vorstandssekretariats vorstellen könne, wurde vom OGH nicht als schlüssiger Verzicht auf das Entlassungsrecht gewertet. Auch dass er ihr später zu Mittag ein schönes Wochenende wünschte, bewirkte nach Ansicht des Höchstgerichts nicht den Untergang des Entlassungsrechts, weil es sich dabei doch "bloß um eine übliche Höflichkeitsfloskel" gehandelt habe. (Andreas Tinhofer, 30.5.2023)

Andreas Tinhofer ist Rechtsanwalt und Partner bei Zeiler Floyd Zadkovich.