Premier Robert Golob betonte, dass sich
Sloweniens Premier Robert Golob betonte, dass sich "die Politik aus der RTVS-Leitung zurückzieht, die Mitarbeiter erhalten die nötige Autonomie".
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Ljubljana - Der öffentlich-rechtliche Rundfunksender RTV Slovenija (RTVS) steht vor Änderungen der Führungsstrukturen. Ziel ist es, den Rundfunk von politischer Einflussnahme zu befreien. Das Verfassungsgericht gab grünes Licht für das Inkrafttreten einer Gesetzesnovelle, mit der die neue linksliberale Regierung den Einfluss der Politik auf den Sender komplett abschaffen möchte.

Am Freitag hob das Höchstgericht seine Entscheidung auf, mit der es vor rund drei Monaten die Rundfunknovelle auf Eis gelegt hat. Die bereits im Vorjahr verabschiedete Regelung, die ein neues Kontrollgremium und eine neue Form der Geschäftsleitung einführt, kann somit nach zahlreichen Hürden und einem erfolgreich überstandenen Referendum in Kraft treten. Laut Verfassungsgericht muss der neue Rat innerhalb von sieben Tagen ab Montag, als die Entscheidung im Amtsblatt veröffentlicht wurde, konstituiert werden.

In der Regierungskoalition, Medienorganisationen und der Belegschaft wurde die Entscheidung zu Beginn als Entpolitisierung des Rundfunks begrüßt. Im RTVS hatte sich die SDS-Partei des rechtskonservativen Ex-Premiers Janez Janša während seiner letzten Regierungszeit (2020-22) einen bedeutenden Einfluss verschafft, Kritiker sprachen über politische Übernahme des Rundfunks.

"Scherbenhaufen"

Die Belegschaft des RTVS, darunter zahlreiche Redakteure, die seit einem Jahr um institutionelle und redaktionelle Autonomie kämpften, erwarten nun, dass das neue Aufsichtsgremium so schnell wie möglich die Arbeit aufnimmt und eine neue, politisch unabhängige Geschäftsführung bestellt. Die Sanierung der Lage im Sender werde keine leichte Aufgabe sein, hieß es bei einer Pressekonferenz der Mitarbeiter am Montag. "Die derzeitige Führung hinterlässt einen Scherbenhaufen und eine Menge Schaden, nicht nur finanziell, sondern auch personell", sagte die Gewerkschaftskoordinatorin Helena Milinkovic.

Seit einem Jahr befand sich die Belegschaft im Streikmodus gegen die von der früheren Regierung bestellte Geschäftsführung, der politische Voreingenommenheit zugunsten der Janša-Partei vorgeworfen wurde. Die Vorwürfe spiegelten sich insbesondere beim Fernsehsender sowohl in der personellen Besetzung von leitenden Mitarbeitern mit starken Parteiverbindungen als auch immer stärker in der Berichterstattung des Nachrichtenprogramms wider.

17-köpfiges Aufsichtsgremium

Mit der neuen Regelung bekommt die öffentlich-rechtliche Anstalt ein neues 17-köpfiges Aufsichtsgremium, bei dessen Zusammensetzung das Parlament anders als bisher kein Sagen mehr hat, und einen vierköpfigen Vorstand anstatt des bisherigen Generaldirektors. Die Gremiumsmitglieder wurden von zivilgesellschaftlichen Organisationen, staatlichen Institutionen und der Belegschaft bereits ernannt, konnten aber wegen der Entscheidung des Verfassungsgerichts ihre Arbeit bis jetzt nicht aufnehmen.

Das Höchstgericht ließ im Februar die viel kritisierte Leitung weiterhin so lange am Steuer, bis es eine inhaltliche Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Rundfunknovelle getroffen hat. Nach drei Monaten musste das Gericht jedoch eine Patt-Situation einräumen. Nachdem sich zwei Richter vom Entscheidungsprozess zurückziehen mussten, hieß es aus dem Gericht, dass "angesichts der Divergenzen zwischen den Positionen der sieben Richter, die noch über den Fall entschieden" keine schnelle Entscheidung zu erwarten sei. Weil es laut Gericht auch keine Mehrheitsmeinung gab, dass die Regelung verfassungswidrig ist, wurde die Aussetzung der Rundfunknovelle aufgehoben.

In der Regierungskoalition, für die eine Entpolitisierung des Senders ein wichtigstes Wahlversprechen war, wurde die Entscheidung begrüßt. Premier Robert Golob betonte, dass sich "die Politik aus der RTVS-Leitung zurückzieht, die Mitarbeiter erhalten die nötige Autonomie". Staatspräsidentin Nataša Pirc Musar bezeichnete die Entscheidung als den ersten Schritt zur Stabilisierung der Situation beim Rundfunk. Sie wünsche sich möglichst bald auch eine endgültige Entscheidung des Verfassungsgerichts.

Erwartet kritisch fiel die Reaktion von Ex-Premier Janša aus, der auf Twitter verkündete, dass das Verfassungsgericht "nicht mehr existiert". Er kritisierte weiter, dass "von nun an jede Regierung die RTVS auf ihre eigene Weise mit ihrem eigenen Gesetz befreien kann". Die Rundfunknovelle ändert jene Regelung, die in Janšas erster Regierungszeit 2005 eingeführt wurde und dem Parlament entscheidenden Einfluss auf die Zusammensetzung des bisherigen Programm- und Aufsichtsrats ermöglichte. Der bisherige Programmratsvorsitzende Peter Gregorcic, der die Rundfunknovelle anfechtet, will die Causa nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen. (APA, 30.5.2023)