Bargeldloses Bezahlen via Karte
Per Karte, Uhr oder mit dem Handy: Bezahlt wird immer öfter ohne Bargeld.
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Wien – In Österreich sinkt die Zahl der Bankomaten. Dafür gibt es mehrere Gründe. Sperren Banken Filialen zu, verschwindet damit auch die Bankomat-Infrastruktur. Zudem ist Ende 2022 die Kooperation der Erste Bank mit den OMV-Tankstellen ausgelaufen. Damit fallen auch diese Bankomaten weg, die bei den OMV-Tankstellen aufgestellt waren. Zudem lässt Rewe seine Kooperation auslaufen und entfernt bei rund 100 Billa-Filialen die dort aufgestellten Geräte. Sowohl bei der OMV als auch in den Billa-Filialen kann aber weiterhin Geld an der Kassa behoben werden. 

Die Konzernmutter Rewe begründet die Reduzierung der Geräte so: "Sowohl wirtschaftliche Gründe als auch Sicherheitsbedenken waren für die Entscheidung die Grundlage", wie Ö1 einen Konzernsprecher zitiert. Die Sicherheitsbedenken beziehen sich auf Einbrüche. Hinter den wirtschaftlichen Gründen steht die rückläufige Nutzung der Geräte – durch die geringe Nachfrage seien diese im Verhältnis zu den Servicekosten unrentabel.

Die Zahl der Bankomaten ist in Österreich seit dem Vorjahr rückläufig. 2022 hat die Zahl der aufgestellten Geräte erstmals abgenommen, von 9.200 auf rund 8.900 Geräte. Ein Trend, der laut Experten anhalten wird. Es gibt in Österreich kein Gesetz oder keine Verpflichtung von Banken, für eine bestimmte Anzahl an Bankomaten zu sorgen. Dennoch müsse der Bargeldkreislauf erhalten werden. In den Niederlanden etwa, wo die Nutzung von Bargeld stark zurückgegangen ist, sank auch die Zahl der Bankomaten entsprechend. Dort müssen nun aber neue Geräte wieder aufgestellt werden. 

Geldnutzung hängt vom Typ ab

Wie sieht es nun aber aus mit der Nutzung von Bargeld? Knapp die Hälfte der Österreicher bezahlt überwiegend bargeldlos, wie eine aktuelle Gallup-Umfrage im Auftrag von Mastercard zeigt. Fast alle der 1.000 Befragten nutzen demnach generell bargeldlose Zahlungsmittel. Trotzdem werden aktuell noch mehr als 60 Prozent der Zahlvorgänge mit Bargeld bestritten. Vor allem ältere Menschen zahlen lieber noch mit Scheinen und Münzen.

Doch die Wahl des Zahlungsmittels hängt auch davon ab, wie gut oder schlecht man finanziell aufgestellt ist. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der Münze Österreich. Sieben Prozent der Befragten müssen sich demnach keine Sorgen in Bezug auf Geld machen. 22 Prozent sind in einer finanziell angespannten Lage, und acht Prozent fällt es schwer, finanziell über die Runden zu kommen. In Summe zeigt sich: Je komfortabler die finanzielle Situation, desto flexibler sind die Menschen bei der Wahl ihrer Zahlungsmittel. Vier Prozent zahlen am liebsten bar, weil sie sich damit Gebühren ersparen. Die Gruppe, die finanziell gut situiert ist, nutzt Bargeld weniger oft als andere.

Niedrigverdiener: Diese Gruppe ist auf Bargeld angewiesen, weil sie sich in einer finanziell angespannten Situation befindet. Sie können mit Geld in Summe schlechter umgehen, haben auch ein geringes Sparvolumen. Daher wird für die Bezahlung Bargeld genutzt. Oft ist auch kein Konto verfügbar, um Gebühren zu sparen. Diese Gruppe kauft auch wenig bis gar nicht online, um Lieferkosten zu sparen. Die Beschränkung der finanziellen Mittel veranlasst diese Gruppe zu einer genauen Überwachung der Ausgaben. 

Budgetplaner: Diese Gruppe kontrolliert ihre Ausgaben sehr genau, auch wenn Betroffene angeben, dass das für sie oft mühsam ist. Die Planer nutzen auch am liebsten Bargeld, weil sie so das Gefühl haben, den Überblick besser behalten zu können. Kleinere Beträge werden ausschließlich bar beglichen. Die Sorge, sich zu verschulden, ist bei dieser Gruppe groß. Daher wird auch oft auf Bargeldzahlung gesetzt. 

Pragmatiker: Diese Gruppe steht den neuen Formen der Zahlungsmittel offen gegenüber und nutzt das, was in der jeweiligen Situation für sie gerade am praktischsten ist. Diese Gruppe will sich auf keinen Fall verschulden und kein Risiko eingehen.

Lebenskünstler: Das ist eine besonders junge und urbane Gruppe. Sie leben im Hier und Jetzt und sind wenig zukunftsorientiert. Diese Gruppe ist anfälliger für Schulden, und Betroffene wissen, dass sie mit Geld nicht sonderlich gut umgehen können. Bezahlt wird gerne in Raten oder auf Rechnung. Wenn etwas gerade nicht leistbar ist, wird es später bezahlt oder werden Schulden dafür aufgenommen. 17 Prozent der Befragten fallen in diese Gruppe. Sie geben in der Umfrage an, dass sie wissen, dass das wohl nicht der klügste Weg ist, aber diese Gruppe will im Hier und Jetzt auf nichts verzichten.

Gutsituierte: Diese Gruppe ist finanziell gut aufgestellt und männlich dominiert. Hier finden sich oft Early Adopters bzw. First Mover. Sie zahlen überwiegend bargeldlos und haben auch das Gefühl, ihre Ausgaben online gut zu überwachen. Diese Gruppe hat nicht immer Bargeld dabei. Hier wird auch angegeben, in Zukunft auf Bargeld verzichten zu können. Kryptowährungen steht diese Gruppe offen gegenüber.

Kinder und Jugendliche: Sie lernen den Umgang mit Geld besser, wenn sie es auch verwenden können. 83 Prozent der befragten Eltern geben an, dass sie mit ihren Kindern über Geld sprechen und darauf achten, finanzielles Wissen an ihre Kinder weiterzugeben. 77 Prozent der Eltern sprechen demnach offen über Geld. Auf die Frage, wie die Eltern den Umgang mit Geld erlernt haben, sagen 70 Prozent, dass sie Wissen von Eltern/Familie bekommen haben. 52 Prozent haben ihre Erfahrungen selbst gemacht. Acht Prozent haben dazu etwas in der Schule gelernt. 

59 Prozent der Eltern geben an, ihren Kindern (unter 21 Jahre) Taschengeld zu bezahlen. Kinder unter zwölf Jahren bekommen das Taschengeld in bar – je älter die Kinder werden, desto eher bekommen sie ihr Taschengeld auf ein Konto überwiesen. Rund 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen bekommen jedoch kein Taschengeld und können somit den Umgang mit Geld schlechter erlernen. 

Bargeldverfechter: Diese Gruppe setzt voll auf Bargeld, weil sie keine Daten preisgeben will. Sie wollen keine gläserne Kunden sein und vertrauen daher auf Bares. Diese Gruppe hat auch immer Bargeld dabei und zahlt auch Beträge, die größer als 100 Euro sind, in bar. 

Datenschutz ist wichtig

Fast 70 Prozent der von der Münze Österreich befragten Österreicher geben an, dass sie bei Bargeldzahlung das Gefühl haben, ihre Daten besser zu schützen. 47 Prozent geben Daten bei Zahlungen nicht gerne an. Bargeldlose Zahlungen werden oftmals als Falle für Schulden gesehen. Bargeld wird auch als Schutz für die heimische Wirtschaft gesehen: 63 Prozent bezahlen lieber mit Bargeld, damit sie Händler/Anbieter finanziell entlasten können, damit bei ihnen also keine zusätzlichen Kosten anfallen. 54 Prozent der Befragten glauben, dass Bargeld die österreichische Wirtschaft stärkt. 

"Bezahlen ist etwas Selbstverständliches", fasst Matthias Schroth, Direktor der Hauptabteilung Bargeld, Beteiligungen und Interne Dienste der Oesterreichische Nationalbank (OeNB), zusammen. Man mache es mehrmals täglich und denke selten weiter darüber nach. In Summe werden 65 bis 70 Prozent aller Bezahlungen noch bar abgewickelt. Die Barzahler bekämen aber oft keine Stimme in der Öffentlichkeit. Darunter sind laut Schroth eben viele Menschen, die sich andere Bezahlformen nicht leisten können.

Öffentliche Form

Bargeld ist laut dem OeNB-Experten eine öffentliche Form der Bezahlung. Alle anderen Formen sind privatwirtschaftlich – daher fallen Gebühren an. Bei Kreditkarten etwa gibt es Versicherungspakete, Bonusmeilen, Zusatzangebote. "Das erhöht freilich den Preis des Zahlungsmittels", sagt Schroth. Interessant auch: 44 Prozent der Österreicher haben aktuell keine Kreditkarte. Viele auch deswegen, weil sie aufgrund der Höhe ihres Einkommens wohl keine bekommen – oder sich die Gebühr dafür nicht leisten wollen oder können. 

Aus der einst verbreiteten Form des Bargelds ist in manchen Ländern auch schon eine unattraktive Art geworden. In Holland etwa kann in zwölf Prozent der Apotheken nicht mehr mit Bargeld bezahlt werden. Auch in vielen Parkhäusern ist das der Fall. In Schweden breitet sich die bargeldlose Bezahlung ebenfalls stetig aus – dabei geben nur 37 Prozent der Schweden an, dass sie diese Entwicklung positiv sehen. In Dänemark hat die Zentralbank nun aber reagiert und will wieder mehr Bankomaten aufstellen, um den Zugang zu Bargeld zu sichern. Auch die Regierung in Schweden hat ein Gesetz erlassen, das vorsieht, dass rund alle 25 Kilometer ein Bankomat stehen muss. Bis 2026 müssen zudem Cash-Center geschaffen werden, damit der Kreislauf von Bargeld sichergestellt bleibt. 

Muss ein Händler Bargeld annehmen?

In Schweden ist laut Schroth eine Debatte darüber am Laufen, ob man grundlegende Güter und Dienstleistungen grundsätzlich auch in bar bezahlt können muss. Auch auf EU-Ebene wird darüber diskutiert, ob es eine sogenannte Annahmeverpflichtung für Bargeld gibt. Eine Entscheidung bis zum Sommer wird von der OeNB erwartet. Die Ausgangslage sei aber schwierig, weil der Umgang mit Bargeld in vielen Ländern der EU eben unterschiedlich ausgeprägt ist. Es gibt auch in Österreich schon Geschäfte, in denen mit Bargeld nicht bezahlt werden kann. Die OeNB setzt sich dafür ein, dass Bargeld überall angenommen werden muss. Eine Verpflichtung dazu gibt es laut Schroth aber nicht. Dieses Gesetz komme allerdings aus einer Zeit, in der bargeldloses Bezahlen noch kein Thema gewesen sei. 

Im Nationalrat läuft eine Debatte über die Verpflichtung zur Bargeldannahme in Österreich, erklärt Gerhard Starsich, Generaldirektor der Münze Österreich. Im Zuge des Bargeld-Volksbegehrens habe sich nämliche gezeigt, dass die Mehrheit der Österreicher für eine Annahmeverpflichtung und eine Beibehaltung der Bargeldinfrastruktur ist. Auch in den Parteien gebe es dazu eine Mehrheit. "Wir hoffen, dass der entsprechende Paragraf im Nationalbankgesetz daher verschärft wird", sagt Starsich.

Interessant findet Starsich, dass die Österreicher eine gute Einschätzung darüber haben, welches Zahlungsmittel für sie in welcher Lebenslage das adäquateste ist. Dennoch brauchen 21,8 Prozent der unter 30-jährigen Österreicher eine Betreuung bei der Schuldnerberatung. "Das, finde ich, ist eine besorgniserregende Zahl", sagt der Münze-Chef. 41 Prozent der Kinder bekommen zudem nie Taschengeld. Sie hätten damit gar keine Chance, den Umgang mit dem begrenzten Mittel Geld zu lernen.

Auf die Gebühren achten

Die Österreicher sind sich aber auch darüber bewusst, dass alternative Zahlungen Gebühren verursachen. Diese Kosten – etwa für eine bargeldlose Bezahlinfrastruktur – zahlen letztlich alle. Der Händler gebe diese Kosten über die Preise an die Kunden weiter. Beim Bezahlen mit Debit- oder Kreditkarte fallen Gebühren beim Händler an. Bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen ist eine Bezahlung mit Bargeld für den Händler daher oft günstiger. Das ist auch der Grund, warum in einigen Geschäften, etwa Trafiken, oft erst ab einer bestimmten Summe bargeldlos bezahlt werden kann. Andernfalls rechneten sich die Gebühren für den Händler nicht. Große Supermarktketten hätten hier sicher einen anderen Spielraum bei Verhandlungen aufgrund ihrer Marktmacht. Eine einzelne Trafik kann laut Starsich da oft nicht mithalten.

Wer viel mit seiner Debitkarte bezahlt, der sollte auch sein Konto genau anschauen, rät der Münze-Chef. Denn jede Zahlung stellt auch eine Buchungszeile dar. Bei vielen Kontopaketen sind die im Paket integrierten Buchungszeilen aber limitiert. Wer mehr braucht, etwa weil er oft unbar zahlt, muss mit Zusatzkosten rechnen. (Bettina Pfluger, 30.5.2023)