Raketenstart chinesischer Astronauten ins All
Die Rakete Langer Marsch 2F brachte am Dienstag drei chinesische Astronauten ins All.
EPA/ALEX PLAVEVSKI

Pünktlich um 9.31 Uhr Ortszeit (3.31 MESZ) hob die Rakete vom Typ Langer Marsch 2F samt dem Raumschiff "Shenzhou 16" (deutsch: "magisches Schiff") am Dienstag vom Raumfahrtbahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi in Nordwestchina ab. Nur 18 Minuten nach dem Start verkündete der Direktor des Raumfahrtzentrums, Zou Lipeng, den "vollen Erfolg" des Starts. "Shenzhou 16" habe wie geplant die Umlaufbahn erreicht. Auch hätten sich die Sonnensegel problemlos geöffnet.

Zum ersten regulären Besatzungswechsel seit der vollständigen Inbetriebnahme der chinesischen Raumstation "Tiangong" ("Himmelspalast") sind drei Astronauten erfolgreich ins All gestartet. Sie sollen ihre Kollegen nach einem halben Jahr im All ablösen.

Video: Die Shenzhou-16-Mission mit insgesamt drei Taikonauten startete am Morgen vom chinesischen Weltraumbahnhof Jiuquan in der Gobi-Wüste
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Erster nichtmilitärischer Astronaut

Unter den drei Taikonauten ist mit dem Wissenschafter Gui Haichao von der Pekinger Universität für Luft- und Raumfahrt erstmals in der chinesischen Raumfahrtgeschichte ein Zivilist. Der 36-Jährige soll sich um Experimente an Bord kümmern. Alle anderen chinesischen Astronauten stammten bisher aus dem Militär.

Kommandant ist der 56-jährige Weltraumveteran Jing Haipeng. Der Generalmajor kann mit seinem vierten Raumflug mehr Missionen als jeder andere chinesische Raumfahrer verbuchen. Ein Neuling im All ist neben dem Wissenschafter auch der Flugingenieur Zhu Yangzhu (36). "Wir kommen so gut miteinander aus wie eine Familie", sagte der Kommandant über die bisherige Zusammenarbeit und ihr Training.

Die drei Astronauten sollen fünf Monate im All bleiben. Die nächsten Tage werden sie noch mit der gegenwärtigen dreiköpfigen Crew auf der Raumstation verbringen. Die jetzigen Besatzungsmitglieder Fei Junlong, Deng Qingming und Zhang Lu verfolgten in der Raumstation den Start ihrer Kollegen in einer Live-Übertragung. Sie sollen voraussichtlich am Samstag zur Erde zurückkehren. Der Termin ist allerdings noch nicht offiziell bestätigt.

Chinesische Astronauten vor dem Abflug zur Raumstation Tiangong.
Wissenschafter Gui Haichao, Raumfahrtingenieur Zhu Yangzhu und Kommandant Jing Haipeng (von links) vor dem Abflug in Richtung Raumstation Tiangong.
EPA/ALEX PLAVEVSKI

"Shenzhou 16" ist bereits die fünfte bemannte Mission zur chinesischen Raumstation. Im Dezember des Vorjahres hat die derzeitige Crew den Forschungsbetrieb aufgenommen, nachdem zuvor eine andere Crew die Bauarbeiten an der Raumstation fertiggestellt hatte. Anfang Mai hat ein Frachtflug bereits Versorgungsgüter, Nahrung, Ersatzteile und 600 Kilogramm Treibstoff ins All gebracht, um den Aufenthalt der drei neuen Astronauten vorzubereiten.

Wettrennen ins All

China verfolgt ein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm, um schnell zu den großen Raumfahrernationen USA und Russland aufzuschließen. Nur 20 Jahre nachdem China als dritte Nation selbst Astronauten ins All gebracht hat, betreibt die Volksrepublik jetzt eine moderne, voll funktionsfähige Raumstation, erkundet den Mond und den Mars. Die USA sehen sich nach den Worten des Chefs der US-Raumfahrtbehörde Nasa, Bill Nelson, in einem "Wettrennen im All" mit China.

Bis 2030 will China auch erstmals Astronauten auf den Mond bringen, während die USA mit dem "Artemis"-Projekt ab Ende 2025 wieder eine bemannte Landung auf dem Erdtrabanten planen. Beide Raumfahrtnationen haben den Mond-Südpol im Blick, wo gefrorenes Wasser vermutet wird. China geht noch weiter als die USA und plant bereits den Bau einer bemannten Station auf dem Mond. Dabei will China auch mit anderen Ländern wie Russland zusammenarbeiten.

Einziger Außenposten neben ISS

Der etwa 100 Tonnen schwere "Himmelspalast" ist der einzige Außenposten im All neben der internationalen Raumstation ISS und soll für mindestens zehn Jahre in Betrieb sein. Die seit 2000 dauerhaft betriebene ISS ist viermal größer, aber in die Jahre gekommen. Trotzdem wollen die USA, Europa und Japan die ISS noch bis 2030 weiterbetreiben – und damit viel länger als ursprünglich geplant. Eine Mitarbeit Chinas an der ISS hatte der US-Kongress aus Sicherheitsgründen abgelehnt.

Laut chinesischem Raumfahrtprogramm heißt China künftig auch ausländische Astronauten in seiner Raumstation willkommen. Es gebe Kooperationsprojekte unter anderem mit dem UN-Weltraumbüro, der Europäischen Raumfahrtagentur Esa und aufstrebenden Raumfahrtnationen. China entwickelt auch ein wiederverwendbares Raumschiff für künftige Flüge ins All. (APA, red, 30.5.2023)