Es waren zwar "nur" Kommunalwahlen in einem guten Dutzend Provinzhauptstädten – aber es handelte sich immerhin um den mit Spannung erwarteten ersten großen Wahlzweikampf zwischen den beiden politisch mächtigsten Frauen Italiens: Giorgia Meloni, seit Oktober 2022 an der Spitze der rechtsnationalistischen Regierung in Rom, und Elly Schlein, seit Mitte März Chefin des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), der größten Oppositionspartei.

Giorgia Meloni ist in Italien momentan ohne echte Gegner
Giorgia Meloni ist in Italien momentan ohne echte Gegner.
Susan Walsh/Pool via REUTERS

Das Duell endete mit einer empfindlichen Niederlage für die 38-jährige Schlein: Die Rechte gewann in neun Hauptorten, die Linke nur in drei. "Game, Set and Match", kommentierte der "Corriere della Sera" den Wahlausgang im Tennis-Jargon.

Enttäuschte linke Hoffnung

"Mitte-rechts gewinnt diese Kommunalwahlen und bestätigt damit ihre Zustimmung in der italienischen Bevölkerung, ihre Verankerung und ihre Stärke", erklärte Meloni nach der Bekanntgabe der Wahlresultate. Die Bürgerinnen und Bürger hätten damit "unsere gute Regierungsarbeit" belohnt, ergänzte die Chefin der postfaschistischen Fratelli d'Italia.

Bei den Stichwahlen von Sonntag und Montag handelte es sich um die zweite Wahlrunde. Zwei Wochen zuvor hatte die Rechtskoalition bereits vier Hauptorte gewonnen, während sich die Linke mit zwei begnügen musste. Auch Außenminister Antonio Tajani von der liberalkonservativen Berlusconi-Partei Forza Italia, die ein Juniorpartner in Melonis Koalition ist, freute sich: "Wir gewinnen in ganz Italien. Das ist ein außergewöhnliches Ergebnis, das die Regierung stärkt."

Dies trifft zweifellos zu – doch dies ist nicht der zentrale Aspekt des Urnengangs. Bedeutsam – und eine schwere Hypothek – ist das Resultat in erster Linie für PD-Chefin Schlein, die nach ihrem klaren Sieg bei der Basiswahl im März innerhalb der zerstrittenen und programmatisch orientierungslosen Linken als neue Hoffnungsträgerin gefeiert worden war.

Spott vonseiten der Rechten

"Es lässt sich nicht leugnen, das war ein sehr guter Schlein-Effekt", spottete der rechte Infrastrukturminister und Lega-Chef Matteo Salvini bezüglich des ausgebliebenen Mobilisierungseffekts der neuen Chefin auf die linken Wählerinnen und Wähler. Schlein konnte sich auch nicht mit dem Sieg des PD-Kandidaten in der bürgerlichen Hochburg Vicenza trösten: Der Sieger hatte seine Parteichefin ausdrücklich gebeten, ihn im Wahlkampf nicht zu unterstützen – um seine Wahlchancen nicht zu schmälern.

Nach der eiskalten Dusche bei den Kommunalwahlen ist die Position von Elly Schlein als Parteichefin nur zweieinhalb Monate nach ihrem Amtsantritt erheblich geschwächt. Ihre parteiinternen Kritiker werfen ihr vor, sich abzuschotten und nur mit ihrem eigenen, engen Vertrautenkreis zu reden. Außerdem habe sich die Prognose bewahrheitet, dass allein eine vage Neupositionierung nach links noch nicht ausreiche, um enttäuschte Wählerinnen und Wähler wieder anzulocken.

Elly Schlein konnte bei ihrer ersten Bewährungsprobe nicht überzeugen
Elly Schlein konnte bei ihrer ersten Bewährungsprobe nicht überzeugen.
IMAGO/Gruppo LiveMedi/Domenico Cippitelli

Schlein wird auch vorgeworfen, zu wenig präsent zu sein – nicht nur im Parlament, sondern zum Beispiel auch beim Hochwasser in der Emilia-Romagna, wo sie sich erst fünf Tage nach den verheerenden Überschwemmungen hatte blicken lassen. Meloni dagegen hatte vorzeitig den G7-Gipfel in Japan verlassen, um ins Unglücksgebiet zu reisen.

Ausblick auf die Europawahl 2024

Ein Jahr vor der Europawahl 2024 reiht sich die Wahlniederlage der Linken in Italien ein in eine Reihe von Misserfolgen anderer Linksparteien in Südeuropa in diesem Jahr, etwa in Griechenland und in Spanien. Der Wind am Mittelmeer weht derzeit klar von rechts – und lässt Giorgia Meloni hoffen, dass sich in einem Jahr auf europäischer Ebene ein von ihr gehegter Traum verwirklichen lasse: Sie strebt einen Schulterschluss der von ihr angeführten Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) mit der Europäischen Volkspartei (EVP) an. Das neue Bündnis, so der Plan, solle die bisherige Allianz zwischen der EVP und den Sozialisten ablösen – was für die politische Ausrichtung der EU wohl große Folgen hätte.

Der EKR gehören neben Melonis Fratelli d'Italia – innerhalb dieser Fraktion die stärkste Partei – diverse rechte bis rechtsradikale Parteien wie die spanische Vox oder die Schwedendemokraten an; nicht aber die rechtsradikale Lega von Melonis Regierungspartner Salvini: Diese gehört zur Fraktion Identität und Demokratie, in der auch die FPÖ, die AfD (Deutschland), der Rassemblement National von Marine Le Pen (Frankreich) und Vlaams Belang (Belgien) beheimatet sind. (Dominik Straub aus Rom, 30.5.2023)