Hühner legen mit schöner Musik besser Eier
Bruckner ist bei Hühnern beliebt, Heavy Metal eher weniger.
Heribert Corn

Eigentlich hat das Bundesgymnasium Vöcklabruck ja einen Schwerpunkt auf Sprachen, erklärt Sarah Auer lachend. Doch es ist ein Merkmal kreativen Denkens, dass es oft die ausgetretenen Pfade verlässt und Beschäftigung in weniger naheliegenden Bereichen sucht. Und so hat die Schülerin des BG Vöcklabruck im Rahmen einer Projektarbeit untersucht, wie sich die Beschallung eines Hühnerstalls mit verschiedenen Musikstilen auf die Legeleistung der darin befindlichen Hühner auswirkt. Konkret verglich sie klassische Musik, Popmusik und Heavy Metal und nutzte als Referenz eine Kontrollgruppe ohne jegliche Beschallung.

Das Resultat: "Bei Pop sind die Hühner relativ unbeeindruckt", sagt Auer. Heavy Metal wiederum versetzt die Hühner in hohen Stress. Hühner, die hingegen Anton Bruckner zu hören bekommen, legen am meisten Eier. Um das Projekt zu einem tragfähigen Geschäftsmodell auszubauen – dessen ist sich Auer bewusst –, sind weitere Forschungen nötig. Doch ihre Vision ist klar: "In fünf Jahren sollte eine dezente Hintergrundmusik im Hühnerstall so selbstverständlich sein wie der tägliche Auslauf."

Hunderte spannende Projekte

Visionen, Forschung und ihre mögliche wirtschaftliche Umsetzung sind die prägenden Elemente des österreichweiten Schulwettbewerbs "Jugend Innovativ", dessen Finale vergangene Woche in Wien zum 36. Mal stattfand. Aus 450 Einreichungen schafften es 38 Projekte in die Endrunde. Ausgezeichnet wurde in sieben Kategorien von Design über Engineering bis hin zu Nachhaltigkeit. Sarah Auer erhielt für ihre Hühnerforschung übrigens einen Anerkennungspreis in der Kategorie Science. Der von seinen Veranstaltern als "Österreichs smartester Schulwettbewerb" beworbene Science-Award wird vom Austria Wirtschaftsservice (AWS) ausgetragen und von Wirtschafts-, Wissenschafts- und Klimaschutzministerium finanziert.

Spielerische Präsentation und wissenschaftliche Exzellenz schließen einander nicht aus, wie die Schülerinnen und Schüler unter Beweis stellten.
AWS/Monika Fellner

Belastete Gewässerproben

Die Finalistenprojekte weisen ein erstaunlich hohes Niveau auf, sowohl hinsichtlich der Originalität ihrer Ideen wie auch in Bezug auf die methodisch saubere Umsetzung. Den beiden Schülerinnen Marlies Planegger und Katarina Schmidt von der Höheren Lehranstalt für Umwelt und Wirtschaft Yspertal etwa wurde seitens der Jury sogar explizit das Niveau einer universitären Bachelorarbeit bescheinigt. Die beiden konnten in akribischen Untersuchungen Trifluoressigsäure (TFA) in Oberflächengewässern des Wiener Beckens sowie im Trinkwasser in problematisch hoher Konzentration ­– mindestens 500 Nanogramm pro Liter, bei einem Drittel der Proben sogar das Doppelte – nachweisen.

TFA rückt seit wenigen Jahren erst langsam ins allgemeine Bewusstsein. Es handelt sich um einen sogenannten Sekundärschadstoff, der als Abbauprodukt diverser industrieller Chemikalien oder Pestizide entsteht und in den Wasserkreislauf gelangt. Nach aktuellem Wissensstand gilt TFA als ungefährlich für den Menschen, seine Auswirkungen für andere Säugetiere und Pflanzen sind aber noch Gegenstand laufender Forschung ­– außer in Österreich, wie die beiden Preisträgerinnen bemängeln. Für ihr Projekt nahmen sie sogar mit dem renommierten Technologiezentrum Wasser in Karlsruhe Kontakt auf, einem der führenden Institute der TFA-Forschung. Sie plädieren dafür, auch bei uns Monitoring­programme aufzusetzen, um den TFA-Gehalt in den Gewässern im Blick zu behalten.

Jugend Innovativ Preisträgerinnen Marlies Planegger und Katharina Schmidt
Die Gewässeruntersuchung von Marlies Planegger und Katharina Schmidt stieß auf besonderes Interesse.
AWS/Monika Fellner

Überraschend viele Projekte von Jugend Innovativ haben Nachhaltigkeit in einer ihrer drei Dimensionen Wirtschaft, Gesellschaft oder Umwelt zum Ziel. So hat etwa Sofia Feichtenschlager von der HTL Braunau ein Dämmmaterial in Plattenform auf Basis von Pilzen entwickelt. "Die Dämmplatten sind nicht nur umweltfreundlich, sondern auch einfach und günstig herstellbar", betont Feichtenschlager. Ein großer Teil ihres Projektes umfasst den Aufbau und die Programmierung der Messtechnik, um die Wärmeleitfähigkeit des Materials zu untersuchen. Auch Brandfestigkeit, Feuchtigkeitsaufnahme und Schimmelbildung hat sie getestet.

App für den Kühlschrank

Das Thema Lebensmittelverschwendung steht im Visier von Katharina Seeberger und Bastian Fleischer von der Vorarlberger HTL Rankweil. Sie haben eine App namens ­„Foody me“ entwickelt, die Nutzer an den Füllstand ihres Kühlschranks erinnert. So soll verhindert werden, dass man Lebensmittel im Kühlschrank vergisst und vergammeln lässt. Aber auch, dass man unnötig Produkte einkauft, die man noch vorrätig hat. Dazu muss man als Erstes die Strichcodes jedes Produkts im Kühlschrank einscannen. Die App nutzt die Datenbank "Open Food Facts" und lädt von dort die zugehörigen Produktdaten. Das Ablaufdatum muss manuell eingegeben werden.

Die zentrale Funktion der App ist es, zu warnen, wenn ein Produkt demnächst abläuft. Künftige Versionen sollen zudem basierend auf dem vorhandenen Lebensmittelbestand praktische Ernährungstipps geben. Die App kann außerdem von mehreren Personen parallel genutzt werden, zum Beispiel innerhalb einer Familie. Dadurch wird der Kühlschrankinhalt in der App jedes Mal aktualisiert, wenn einer der zugelassenen Nutzerinnen und Nutzer etwas entnimmt oder hineingibt. "Die App ist fast fertig, ein paar Kleinigkeiten müssen noch optimiert werden", sagt Co-Entwickler Bastian Fleischer. Demnächst soll sie im Google Playstore zum Download angeboten werden. Die Jury honorierte dieses Projekt mit einem Anerkennungspreis.

Jugend Innovativ Preisträger HTBLA Neufelden
Auch die Spritzgussmaschine der HTBLA Neufelden begeisterte Jury und Publikum.
AWS/Monika Fellner

Scharfe Skikanten

Im klassisch hemdsärmeligen Maschinenbau ist hingegen das Projekt von vier Schülerinnen und Schülern der Höheren Technischen Bundeslehranstalt Neufelden beheimatet. In insgesamt 3500 Arbeitsstunden haben sie ein detailgetreues Modell einer Spritzgussmaschine gebaut. Spritzguss ist eine der am häufigsten verwendeten Bearbeitungstechnologien in der Kunststoffverarbeitung. Das oberösterreichische Industrieunternehmen Keba wird das Modell zu Schulungszwecken und als Demonstrator verwenden. Zudem kann sich das vierköpfige Team über den dritten Platz in der Kategorie Engineering freuen.

Der Sieg in dieser Kategorie ging an einen automatischen Skikantenschleifer, den drei Schüler der HTL Mössingerstraße in Klagenfurt entwickelt haben. Das Gerät ist portabel, kann also überallhin mitgenommen werden. Es schleift als besondere Funktion beide Skikanten gleichzeitig. Die Mechanik ist so ausgeführt, dass sich das Schleifgerät selbsttätig an unterschiedliche Taillierungen anpasst und auch um die Kurve arbeiten kann.

Algen als Fischersatz

Ebenfalls Thema: die Zukunft der Ernährung. Julia Neubauer und Anna Obermair von der HTL für Lebensmitteltechnologie Wels entwickelten einen veganen Lachsersatz. Angesichts der globalen Überfischung sind auch sie damit am Puls der Zeit. "Die Idee entstand aus einer Studie zur Züchtung von Algen", erklärt Neubauer. "Wir haben uns überlegt, wie man die gezüchteten Algen so verwenden kann, dass sie einen Nutzen haben."

Da Nori-Algen sehr "fischig" schmecken, war rasch die Idee geboren, diese Eigenschaft zu nutzen, um einen lachslosen Lachs her­zustellen. Die Basis des veganen Produkts sind Karotten, sie sorgen für Konsistenz und Farbe. Die dritte Hauptkomponente ist selbst hergestelltes Räuchersalz. Der Proteingehalt ist natürlich nicht so hoch wie bei echtem Lachs. Um das auszugleichen, haben die ­findigen ­Forscherinnen zusätzlich Protein­cracker ­entwickelt. (Raimund Lang, 2.6.2023)