Sebastian Ofner bei den French Open in Paris.
Es geht weiter für Ofner.
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Paris – Auch vor einem Jahr hatte sich Sebastian Ofner für die French Open qualifiziert. Wegen eines chronischen Fersenkeils konnte er nur mit Schmerzmitteln spielen. Sein langer Leidensweg war noch nicht vorbei. Erst seit Jänner 2023 ist der Steirer schmerzfrei – und der 27-Jährige will weiter durchstarten. Am Freitag kämpft er gegen Fabio Fognini (ITA) um sein erstes Major-Achtelfinale.

Der Leidensweg: Eine Operation im Oktober 2021 im linken Fuß und sieben Monate Pause, dann spielte er, weiter unter Schmerzen, bis September 2022. Ein weiterer, kleinerer Eingriff folgte. "Voriges Jahr habe ich wirklich wenig trainiert. Die Matches habe ich nur mit Schmerzmitteln gespielt und ich bin maximal eineinhalb Stunden auf dem Platz gestanden zwischen den Turnieren", erinnerte sich Ofner in den Katakomben des Court Philippe Chatrier an seine Leidenszeit.

Das Gute an den Schmerzen

Ofner hatte noch bis zum Jänner dieses Jahres Probleme. "Heuer waren da am Anfang des Jahres noch ein paar Sorgen mit der Achillessehne." Die Schmerzen verschwanden: "Es war für mich ganz ungewohnt", erzählt er. Rückblickend sieht "Ofi" aus Bruck an der Mur in der Verletzung auch Gutes. "Mental habe ich durch die Verletzung einen Riesensprung gemacht." Ihm sei bewusst geworden, wie schnell es gehen kann, dass man wieder von vorne anfangen muss. "Das war ein großer Faktor. Mein Spiel war immer schon da, aber jetzt ist im Kopf alles besser beisammen."

Vier Challenger-Finali auf Teneriffa, in Antalya, Zadar und Prag gingen dieses Jahr zwar verloren, doch das Selbstvertrauen schnellte ebenso nach oben wie das Ranking. Von 193 Anfang des Jahres auf 118 vor Paris. Nun dürfte er mit zwei Drei-Satz-Siegen über die US-Amerikaner Maxime Cressy und Sebastian Korda die Top 100 knacken.

"Ich habe gewusst, dass ich gut drauf bin. Generell finde ich, dass mein Spiel auf einem ganz anderen Level ist. Ich habe über die Saison schon ganz gut gezeigt, was ich abrufen kann", sagte der Rechtshänder.

Schon vor sechs Jahren stand er als 21-jähriger Qualifikant sensationell in der dritten Wimbledon-Runde. Das sei damals aber ein Glücksfall gewesen. "Heuer fühlt sich das an, als habe ich es mir wirklich verdient und erarbeitet."

Kein Alter

Und jetzt, mit 27 ("Das ist ja kein Alter"), will er alles versuchen. Und es sieht gut aus. Auf der ATP-Tour (also im Hauptbewerb) hatte er vor Paris nur die Erstrunden-Niederlage gegen Dominic Thiem in Estoril stehen. Doch auf Challenger-Ebene samt Qualifikationen und inklusive Paris hält Ofner bei einer Bilanz von insgesamt 36 Siegen bei 15 Niederlagen.

Viel Arbeit für ein erstes großes Ziel: die Top 100. "Das erste Mal zweistellig, das hört sich schon gut an", freut sich Ofner. 142.000 Euro hat er schon in der Tasche, und nun könnte er sich den bisher größten Scheck sichern: 240.000 Euro und 180 Punkte für das ATP-Ranking (90 davon hat er schon).

Schafft er den Sieg über den unberechenbaren 36-jährigen Italiener Fognini, dann überholt er auch Österreichs aktuell noch besten Spieler, Dominic Thiem, im ATP-Ranking. Mit 704 Zählern würde er sich um Rang 80 (abhängig von anderen Resultaten) wiederfinden.

Die Atmosphäre

"Man weiß nie, er kann unglaublich spielen. Er hat in drei Sätzen (Felix) Auger-Aliassime rausgenommen, auch wenn der jetzt nicht in Topform ist", ist Ofner vor seinem nächsten Gegner gewarnt. Seine Chancen beziffert er bei gutem Spiel mit 50:50.

Die große Bühne gefällt ihm weit besser als jene auf Challenger-Niveau, vor allem auch wegen der Atmosphäre. "Voriges Jahr im Challenger-Finale von Prag haben vier Leute zugeschaut." Das allein ist ein Grund für ihn, sich nun konstant auf ATP-Tour-Level zu bewegen.

Seine nach Paris gereisten Eltern werden ihn anfeuern, ebenso natürlich sein Touring-Coach Stefan Rettl. Ob er auch Haupt-Trainer Wolfgang Thiem erwartet? "Vielleicht kommt er, wenn ich vierte Runde spiele." (APA, red, 1.6.2023)