Die scheidende SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hielt am Donnerstag ihre Abschiedsrede im Parlament.
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Die scheidende SPÖ-Parteivorsitzende hatte es bereits vor einer Woche angekündigt: Pamela Rendi-Wagner verlässt die Politik komplett und wird auch ihr Mandat im Nationalrat zurücklegen. Donnerstagmittag hielt sie wenige Minuten nach Beginn der Sondersitzung im Nationalrat um 13 Uhr als Erstrednerin ihre Abschiedsrede.

Pamela Rendi-Wagners letzte Rede im Parlament
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"Meine Damen und Herren, es wird meine letzte Rede als Klubobfrau der Sozialdemokratischen Partei sein", sagte Rendi-Wagner. In den vergangenen sechs Jahren, in denen sie dem Parlament angehört habe, sei "so viel passiert, wie wahrscheinlich viele Politikerinnen und Politiker in zehn, zwanzig, dreißig politischen Berufsjahren nicht erlebt haben".

Ihr Verständnis sei es immer gewesen, die Zusammenarbeit zu suchen und "trotz politischer Unterschiede und Standpunkte ein gemeinsames Ergebnis zu erreichen". Dafür brauche es Bereitschaft, Respekt, Ehrlichkeit, Konsequenz und Mut zur Verantwortung. "Es braucht aber künftig – und das ist für mich persönlich auch wesentlich – ein neues Verständnis von politischer Führungsstärke, das sich nicht nur in der Bewunderung männlicher Machtrituale erschöpft." Mit diesem Satz nahm sie wohl Bezug auf den Führungskonflikt in der eigenen Partei.

Schließlich bedankte sich Rendi-Wagner bei allen Mandatarinnen und Mandataren für die Zusammenarbeit "in dieser nicht einfach Zeit". Diese hätten eine große Verantwortung – für die Menschen, die Demokratie und die Republik. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, müsse aufeinander zugegangen werden. Als Beispiele nannte sie den Klimawandel und die Teuerung, wo es Zusammenarbeit brauche. Auch die aktuelle Blockade der SPÖ von Gesetzesvorhaben, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigen, sprach sie an: "Eine konstruktive Oppositionspolitik setzt etwas wesentliches voraus - eine konstruktive Regierungspolitik."

"Für mich ist es bald Zeit, Abschied zu nehmen von einer großen, wunderbaren Aufgabe, von lieben Freundinnen und Freunden, von manch schwierigen, aber dennoch interessanten Kollegen." Zum Schluss sagte die scheidende SPÖ-Chefin schließlich: "Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für unser Land, machen Sie es gut."

Standing Ovations

Im Anschluss an ihre zehnminütige Rede erhielt Rendi-Wagner Standing Ovations von allen Fraktionen bis auf die FPÖ, schüttelte die Hände aller Klubobleute und bekam schließlich einen Blumenstrauß von ihrem Vizeklubchef Jörg Leichtfried überreicht. Der Parlamentssitzung Mitte Juni wird Rendi-Wagner noch beiwohnen, wo sich dann auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) von ihr verabschieden will. Aus dem Parlament ausscheiden wird sie Ende des Monats.

"Großen Respekt" für Rendi-Wagner äußerte Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer. Sie sei Untergriffen einer Art ausgesetzt gewesen, "mit denen sich kein Mann in der Politik auf diese Weise befassen muss". Ähnlich äußerte sich als NEOS-Erstrednerin Karin Doppelbauer: "Sie haben sich unseren Respekt verdient. Wir werden sie sehr vermissen. Rendi-Wagners zweiter Vorname sollte Resilienz sein - Chapeau."

Es habe "doch immer wieder ganz konstruktive Zusammenarbeit" mit der SPÖ und Rendi-Wagner gegeben, sagte auch ÖVP-Klubchef August Wöginger. Speziell in der Pandemie habe die Zusammenarbeit gut funktioniert. Wögingers Wunsch: "Mögen wieder ruhigere Zeiten in der SPÖ einkehren."

Abschied vom roten Klub

Im Rahmen einer Klubsitzung der SPÖ, die im Vorfeld der Sondersitzung stattfand, soll sich Rendi-Wagner auch intern von den roten Abgeordneten verabschiedet haben. Dem Vernehmen nach hat ihre Abschiedsrede, für die es stehenden Applaus gegeben hat, wenige Minuten gedauert. Dem Parteitag am Samstag, an dem Rendi-Wagners Nachfolge zwischen Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler entschieden wird, wird sie nicht beiwohnen.

Rendi-Wagner gehörte dem Nationalrat seit November 2017 an. Ein Jahr später übernahm sie auch die Klubführung. Außerdem hatte sie seit der aktuellen Gesetzgebungsperiode die Rolle der außenpolitischen Sprecherin ihrer Partei inne. Kommt es zu keinen Umreihungen innerhalb der sozialdemokratischen Listen, geht Rendi-Wagners Mandat an die frühere Staatssekretärin Muna Duzdar. (Sandra Schieder, 1.6.2023)