Der Immobilienmarkt erlebt ein Annus horribilis, ein "Jahr des Abwartens" oder auch ein "Jahr der Besinnung", je nachdem, wen man fragt. Manche Marktbeobachter sowie auch einige Maklerinnen und Makler prophezeien starke Preiseinbrüche, die meisten Vertreterinnen und Vertreter der Immobranche bleiben mit ihren Prognosen aber sehr vorsichtig – und das hat auch einen Grund: Auf Bauträgern lastet ein enormer preislicher Druck, weil viele Menschen sich die teuren Immobilien, jedenfalls die zur Selbstnutzung gedachten, nicht mehr leisten können. Anlegerinnen und Anleger haben auch, jedenfalls vorerst, weitgehend das Interesse verloren. Die Bauträger haben im Immobilienboom der vergangenen Jahre aber Grundstücke teuer eingekauft – und haben jetzt kaum Spielräume, die Preise zu senken, ohne Verlust zu erleiden.

Sparschwein Haus
Eigentümerinnen und Eigentümer von gebrauchten Wohnungen sind eher zum Verkauf gezwungen.
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Weniger Verbücherungen

Die Folge: Die Verbücherungen brechen ein. Wie sehr, das hat sich für Wien (allerdings ohne den ersten Bezirk) und für das erste Quartal 2023 das Unternehmen Immo United, das regelmäßig Grundbuchdaten ausliest und analysiert, angesehen. Von Jänner bis März 2023 wurden in Wien um 24 Prozent weniger Kaufverträge ins Grundbuch eingetragen als im selben Zeitraum 2022; "der Verbücherungsstand des ersten Quartals 2023 befand sich somit auf einem ähnlichen Niveau wie zuletzt 2014", schreibt Immo United in einer Aussendung. Im Bereich der Bauträgerwohnungen habe es sogar einen Rückgang um 37 Prozent gegeben.

Trotz der stark nachlassenden Nachfrage nach Bauträgerwohnungen wiesen diese einen um zwölf Prozent höheren Quadratmeterpreis auf als im ersten Quartal 2022. Und der durchschnittliche Kaufpreis pro Wohnung stieg von 382.000 Euro auf 421.000 Euro, das war ein Anstieg um rund zehn Prozent.

Gebrauchtes wurde günstiger

Bei den gebrauchten Wohnungen war hingegen bereits ein Rückgang der Preise erkennbar. Der durchschnittliche Quadratmeterpreis lag um 1,3 Prozent unter dem Vergleichswert des Vorjahres, der durchschnittliche Wohnungspreis um drei Prozent. Kam eine durchschnittliche Gebrauchtwohnung im ersten Quartal 2022 noch auf circa 354.000 Euro, so waren es im selben Zeitraum 2023 nur noch 344.000 Euro.

"Bauträger haben bei der Preisgestaltung aufgrund der Projektfinanzierung und der aktuellen Baukostensituation so gut wie keinen Spielraum", nennt Roland Schmid, Eigentümer und Geschäftsführer von Immo United, einen Grund für diese Entwicklung. Zudem sei es wahrscheinlich, dass Eigentümerinnen von Gebrauchtwohnungen aktuell eher verkaufen müssen, "da die Wohnungen in vielen Fällen variabel finanziert wurden und diese zusätzlichen Kosten nicht mehr tragbar sind".

Eine wöchentlich aktualisierte Zahl an seit Jahresbeginn österreichweit ins Grundbuch eingetragenen Transaktionen weist das Unternehmen ab sofort auf seiner Website auf. 47.872 sind es per 1. Juni. (red, 1.6.2023)