Nationalrat
Während am Donnerstag im Nationalrat das abgeschwächte Energieeffizienzgesetz sowie monatliche Zahlungen für Armutsbetroffene beschlossen wurden, stand die Sitzung auch im Zeichen der Abschiedsrede von Pamela Rendi-Wagner, scheidende SPÖ-Bundesparteivorsitzende, die ihr Mandat zurücklegt.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Im Nationalrat ist am Donnerstag das nun vereinfachte Energieeffizienzgesetz beschlossen worden. SPÖ und FPÖ haben keine Stimmen für eine Verfassungsmehrheit geliefert, in der Sondersitzung wurde eine von den Regierungsfraktionen vorgelegte einfachgesetzliche Variante abgesegnet, mit der die drohenden EU-Bußgelder vermieden werden sollen. Ebenfalls beschlossen wurde eine Strompreiskompensationen für die Industrie. Auch Maßnahmen gegen Armut standen noch auf dem Programm.

Nur Neos stimmten mit Regierungsparteien

Zustimmung zum Energieeffizienzgesetz kam neben den Koalitionsparteien ÖVP und Grüne lediglich von den Neos, wie deren Energiesprecherin Karin Doppelbauer zuvor in ihrem Debattenbeitrag ankündigte. Sie sprach von einer "leider sehr abgespeckten Version". "Wir werden trotzdem zustimmen, weil dir die einzige konstruktive Mitte sind, die dieses Haus noch hat." Das "Chaos", das man in den Verhandlungen gesehen habe, sei aber "schon symptomatisch für die Arbeit der Bundesregierung", meinte sie.

Die Grundlage für das Energieeffizienzgesetz bildet eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2018, die bis 2020 umgesetzt werden hätte sollen. Österreich erwies sich allerdings als säumig, weswegen der Republik aufgrund eines Vertragsverletzungsverfahrens eine Strafzahlung droht. Ziel des Gesetzes aus Sicht der Koalition ist es, nationale und EU-weite Klimaziele zu erreichen, indem der Energieverbrauch in Österreich bis 2030 um 18 Prozent verringert wird. Der Nachteil der nun abgespeckten Version ist, dass die Bundesländer bei der Verpflichtung zum Sparen nicht einbezogen werden können.

SPÖ kritisiert "unsoziales Gesetz"

Die Sozialdemokraten verweigerten dem ursprünglich größeren Paket (das eine Zweidrittelmehrheit erfordert hätte) ja aufgrund ihres jüngst ausgerufenen Vetos gegen alle Regierungsvorhaben bereits im Plenum vergangene Woche ihre Zustimmung. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll, der schon am Mittwoch vor einer Woche auf die Junktimierung der SPÖ pochte, wonach es ohne Antiteuerungsmaßnahmen keine Zustimmung geben werde, untermauerte diese Position am Donnerstag: Es handle sich um ein "unsoziales Gesetz", dass es "sicher nicht mit uns" geben werde. "Ihr hättet bis heute die Chance gehabt, uns zum Verhandlungstisch einzuladen", sagte er. Es sei aber lediglich am 13. März und am 25. März verhandelt worden – "und beide Male haben Sie gesagt, Lieferantenverpflichtungen kommen nicht infrage", bezog er sich auf das Nein der ÖVP zur SPÖ-Forderung nach einer Verpflichtung für Energiehändler, Energieeffizienzmaßnahmen in Betrieben und Haushalten zu unterstützen.

FPÖ-Abgeordneter Alex Kassegger nutzte seinen Auftritt zu einem Rundumschlag gegen die EU: Die europäische Klimapolitik gehe seit den 90er-Jahren in eine "schlechte Richtung". Dem Plan nach einem Umstieg auf erneuerbare Energieträger könne man zwar folgen, aber es sollte in Österreich primär auf Wasserkraft gesetzt werden, nicht auf Windkraft oder Photovoltaik. Die zweite und dritte Säule der EU-Klimapolitik – "die Jagd nach dem bösen CO2 und die Steigerung der Energieeffizienz" – seien hingegen "Torpedos gegen die Wirtschaft, Freiheit, Wohlstand und letztlich gegen unsere Demokratie", meinte Kassegger. Europa sie für nur neun Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich – das interessiere aber "keinen Chinesen, keinen Inder oder sonst wen". Nur in Deutschland und Österreich glaube man, ohne Atomkraft, ohne Kohlekraft, ohne Gas und Öl könne man "etwas betreiben, das nur annähernd mit funktionierender Wirtschaft zu tun hat".

Wenig Überraschung über FPÖ

ÖVP-Klubchef August Wöginger kritisierte vor allem das Nein der Sozialdemokratie zum Energieeffizienzgesetz, das er nicht verstehen könne – obwohl viele Millionen Euro für die Energiearmut vorgesehen seien. "Es geht um Klimaschutz, um die gemeinsame Zukunft", sagte er.

Auch die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer konnte die ablehnende Haltung der SPÖ nicht nachvollziehen und sprach von "großer Destruktivität". Von der FPÖ sei hingegen "nichts anderes zu erwarten", meinte sie. An den freiheitlichen Klubchef Herbert Kickl gerichtet sagte Maurer, es wundere niemanden, dass dessen Partei, die nach wie vor einen"aufrechten Freundschaftsvertrag" mit der Partei von Russlands Präsident Wladimir Putin habe, weiter abhängig sein wolle von dessen Gas. "Es ist keine Überraschung, dass sich Ihre Partei nicht um den CO2-Ausstoß kümmert, keine Überraschung, dass Sie nicht dafür sorgen, dass die Kinder in Zukunft saubere Luft atmen. Hauptsache für Ihren Freund Putin rollt der Rubel." Aber auch die SPÖ habe sich für die falsche Seite entschieden und sei "wortwörtlich beim Klimaschutz sitzen geblieben", sagte Maurer.

Wie auch Wöginger verwies auch die grüne Klubobfrau auf die weiteren Punkte bei der Sondersitzung: Auf der Agenda standen neben dem Energieeffizienzgesetz auch ein Paket gegen Armut sowie die gemeinsam mit dem Energieeffizienzgesetz behandelte Strompreiskompensationen für die Industrie. Letztere erfuhr die Zustimmung von ÖVP, Grünen sowie FPÖ und den Neos. Das Paket bringt Unternehmen eine Kompensation von 75 Prozent der indirekten CO2-Kosten mit in Summe 233 Millionen Euro.

60 Euro pro Monat für Menschen in Armut

Zweiter Schwerpunkt der Sondersitzung waren eben jenes Paket gegen die Armut. Die sind an sich nicht allzu strittig, doch empörten sich vor allem SPÖ und Neos, dass das eigentlich angekündigte Paket gar nicht zum Beschluss stand. Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger fand es "grotesk", dass nur ein kleiner Teil der Maßnahmen heute beschlossen wird. Man hätte das Paket sonst schon mitgetragen, heute tue man es fürs erste nicht.

SP-Frauenchefin Eva Maria Holzleitner meinte, ein Großteil der Zielgruppe werde weiter im Regen stehen. Salbungsvolle Worte füllten keine leeren Teller. Ohnehin brauche es Rechtsansprüche statt Almosen.

Worum es geht: Mit dem Beschluss des Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetzes (LAW-G) vom Donnerstag erhalten Sozialhilfe-Haushalte zwischen Juli 2023 und Dezember 2024 einen monatlichen Zuschuss von 60 Euro für jedes Kind. Zudem sind zusätzliche Sachleistungen zur Abdeckung des Schulbedarfs sowie Förderungen für Projekte im Bereich der gemeinnützigen und kostenlosen Lebensmittelweitergabe vorgesehen.

Weitere Maßnahmen gegen Armut erst im Juli

Die weiteren Teile des Pakets liegen zwar vor, werden aber erst im Juli beschlossen – wie angekündigt, betonte Grünen-Sozialsprecher Markus Koza. Es handle sich somit um eines der wichtigsten Hilfspakete, profitierten doch besonders armutsgefährdete Familien. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) verwies unter anderem auch auf die in der Vergangenheit von der Regierung gesetzten Maßnahmen zur Dämpfung der finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die Hilfsmaßnahmen seien als nicht treffsicher denunziert worden, seien es aber sehr wohl gewesen.

Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) sah ebenfalls seitens der Koalition sichergestellt, dass das Leben in Österreich leistbar geblieben sei. Mit dem nun vorliegenden Paket werde treffsicher und nicht mit der Gießkanne geholfen. VP-Familiensprecher Norbert Sieber sah einen "Sturm im Wasserglase" seitens der Regierung. Die jetzt gewählte Vorgangsweise sei immer so geplant gewesen.

Bei den noch ausstehenden Beschlüssen geht es um monatliche Sonderzahlungen für Kinder in der Höhe von 60 Euro auch für Bezieher von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, Mindestpensionisten sowie Alleinerzieherinnen respektive Alleinverdienerinnen mit einem monatlichen Bruttoeinkommen unter 2.000 Euro. (APA, red, 1.6.2023)