Stella Rollig
Belvedere-Direktorin Stella Rollig mit ihrem Buchtipp.
Privat

Die gebürtige Wienerin liebte als Kind Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee von Erich Kästner mit Illustrationen von Horst Lemke (1931), "wo es durch einen Dielenschrank hinaus in eine andere Welt geht". Sie fand in der elterlichen Bibliothek aber auch ein abseitiges Kinderbuch aus dem Jahr 1939 mit dem Titel Ruth – es pfeift! von Heddy Neumeister mit Illustrationen von Heiner Rothfuchs, wo es um ein tapferes Fabriksarbeiterinnenmädel geht. "Das war politisch zumindest fragwürdig!", lacht sie. Mit dem ganzen Nazikram hatte ihr Vater, der "ein Linker war", gar nichts am Hut. Er schenkte der Tochter vielmehr bereits als Zwölfjähriger Das kleine rote Schülerbuch der Dänen Bo Dan Andersen, Søren Hansen und Jesper Jensen (1969), woraufhin sie in der Mädchenschule Sacré Coeur ein erstes Sit-in organisierte. Die Mutter musste sich dann während eines folgenden Elternsprechtages anhören: "Wissen Sie eigentlich, was in dieser Klasse für ein Buch kursiert?"

Erste Liebe

Literatur war ihre erste große Liebe, das Germanistik-Studium schloss sie aber nicht ab. "Ich war wohl bald lieber mit Künstlerinnen zusammen als mit angehenden Lehramtsstudenten und bei den Festen der Angewandten oder der Akademie am Schillerplatz. Die Partys waren toll damals!" Ihre Partydroge: "Billiger Rotwein." An "angeberische Lektüren im Kunstbetrieb" erinnert sie sich kaum noch: "Der letzte Hype galt wohl Donna Haraway, aber der ist auch schon lange her. Zuvor lief jeder mit Foucault in der Tasche herum." Oder mit Deleuze. Oder Derrida.

Nun aber zu Tom McCarthy: "Ein junger Mann verliert durch einen Unfall sein Gedächtnis. Durch Zufall entdeckt er, dass ihm bestimmte Situationen – ein Riss in der Wand, Gerüche, Geräusche – das Gefühl eines Verbundenseins mit der Welt und seiner eigenen Geschichte geben. Die titelgebenden 8 ½ Millionen, die er als Entschädigung für den Unfall erhält, investiert er dann, um die Erinnerung an sein früheres Leben zu reinszenieren. Das ist sehr lustig! Mit viel schwarzem Humor, mit Bezügen zur Kunst und einem sehr guten Plot!" (Manfred Rebhandl, 3.6.2023)