Ausnahmsweise geriet das Besprechen von Auslastungszahlen und Subventionshöhen bei der Spielzeitpressekonferenz des Theaters in der Josefstadt am Freitag ins Hintertreffen. Denn Direktor Herbert Föttinger stellte der Spielzeitpräsentation 2023/24 eine politische Rede voran. Die Kunst, so Föttinger, halte derzeit nur schwache Positionen bereit und zeige zu wenig Flagge. Das umfängliche Schweigen Kulturschaffender zur FPÖ-Regierungsbeteiligung in Salzburg irritiere ihn.
Stiftungsratsvorsitzender Thomas Drozda teilte sich bei der Pressekonferenz mit Föttinger die Bühne und lieferte die Zahlen zu der bald zu Ende gehenden Saison. Die Josefstadt habe demnach derzeit 13.100 Abonnentinnen und Abonnenten (2018/19 waren es allerdings noch 18.000). Die durchschnittliche Sitzplatzauslastung betrug bis Ende Mai 80,5 Prozent, davon entfallen 75,7 Prozent auf die Josefstadt und 87,4 Prozent auf die Kammerspiele. Im Vergleich ein respektabler Wert.
"Alles Theater ist politisch"
Für noch mehr gespitzte Ohren sorgten Föttingers Bekenntnisse. "Ein Direktor sollte politisch Haltung zeigen. Alles Theater ist politisch, jedes Stück ist politisch", sagt er und anerkennt das Eintreten dafür auch bei manchem Kollegen. Die Aussagen von Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser aber, die dieser im STANDARD-Interview anlässlich der neuen Salzburger ÖVP-FPÖ-Regierung gemacht hat, kritisiert er.
So mache man "eine rechtspopulistische Partei salonfähig". Die Aussagen zum Horst-Wessel-Lied seien "zum Fremdschämen", so Föttinger. Die umstrittene Salzburger Koalition erfordere seiner Meinung nach dringend kritische Reaktionen, die er derzeit vermisse. Es gehe in Österreich bedauerlicherweise immer nur um Macht und Machterhalt, moniert Föttinger weiter. Auch andere Parteien hätten nur Machtdispute, gemeint war die SPÖ.
Elf Neuproduktionen
Wo bleibt also das Positive, fragt Föttinger mit den Worten Erich Kästners und schwenkt zum eigenen Spielplan über. Am Theater könne politisches Bewusstsein gestärkt werden. Mit einem Schwung an Klassikern wolle sich die Josefstadt zur "Gegenwartsbewältigung" aufmachen. Dass sich unter den elf Neuproduktionen der kommenden Spielzeit nur ein einziges Stück einer Autorin, nämlich Yasmina Rezas James Brown trug Lockenwickler, befindet, tut Föttinger ab. Es sei "kein Kalkül dahinter". Mit weiteren lediglich drei Regisseurinnen nimmt die Josefstadt in puncto Geschlechterverhältnis einen miserablen Platz ein.
Eröffnet wird am 7. 9. mit Ibsens Stützen der Gesellschaft in einer Bearbeitung und Inszenierung von David Bösch. Gefolgt von Kleists Zerbrochnem Krug, Wedekinds Lulu, Hochwälders Der Himbeerpflücker, Becketts Warten auf Godot (Regie: Claus Peymann) sowie zwei Uraufführungen von Peter Turrini, Bis nächsten Freitag und Es muss geschieden sein. Sandra Cervik inszeniert die Reza-Komödie mit Premiere am 15. 2. Eine Auftragsarbeit kommt in der Regie Föttingers am 7. 3. zur Uraufführung: Thomas Arzts Leben und Sterben in Wien. Weitere zwei Klassiker reihen sich mit Tschechows Möwe und Goldonis Trilogie der Sommerfrische an. (Margarete Affenzeller, 2.6.2023)