Kein Ende der Proteste gegen das Regime im Iran – und auch kein Ende der Hinrichtungen von Oppositionellen. Allein in Monat Mai sind nach Berichten 142 Personen hingerichtet worden – und zwar nach ganz unterschiedlichen Vorwürfen, oft ohne ordentliche Gerichtsverhandlung. Wie der iranische Justizchef am Donnerstag bekanntgab, stehen noch weitere Hinrichtungen bevor.

Solidarität mit der Demokratiebewegung im Iran: Demo in Brüssel vor dem Gebäude des Hochkommissariats für Flüchtlinge.
EPA/OLIVIER MATTHYS

Trotz dieser für Millionen Menschen erschreckenden Nachrichten dauern die Demonstrationen seit dem vergangenen September weiter an – zwar nicht mehr so massenhaft wie in den vergangenen neun Monaten, dafür aber bei fast jedem kleinen Anlass sowie in verschiedenen Städten des Landes.

"Menschliche" Gefängnisse

Für zusätzliche Empörung sorgte im Iran eine Meldung, der zufolge mehrere Frauen, die bei Demonstrationen verhaftet worden waren, dazu gezwungen wurden, sich vor laufender Kamera komplett auszuziehen. Die Regierung versicherte, dass die Zustände in den Haftanstalten "menschlich" seien. Um diese Behauptung zu untermauern, habe man – angeblich – 27 Vertreter ausländischer Botschaften im Iran eingeladen, die Haftanstalten zu besuchen. Bis zuletzt war nicht bekannt, welche Diplomaten aus welchen Länder eine solche Einladung bekommen, geschweige denn angenommen hätten und dabei gewesen seien.

In diesen Tagen versucht die Regierung mit allen Mitteln, die Feierlichkeiten zum Jahrestag des Todes von Ayatollah Ruhollah Khomeini (3. Juni 1989) so umfangreich wie möglich zu organisieren. Doch die übergroße Zahl der Iranerinnen und Iraner scheint – im Gegensatz zu den politischen Vertretern des Landes – kein Interesse daran zu haben. 

Leere Moscheen

Der Regierungsbeauftragte für religiöse Angelegenheiten, Abolghsem Dolabi, hat offiziell erklärt, dass von 75.000 Moscheen im Iran 50.000 ihre Tore wegen Besuchermangels geschlossen haben. Er forderte mehr Mittel von der Regierung, um die Moscheen wieder öffnen zu können.

Wenn man bedenkt, dass das Amt für religiöse Einrichtungen im Iran schon jetzt mehr Geld zur Verfügung hat als alle für Umweltschutz zuständigen Organisationen zusammengenommen, dann kann man davon ausgehen, dass trotz aller Propaganda des Regimes in der Bevölkerung eine Abkehr von der offiziellen Auffassung des Islams zu erkennen ist. Auch die Anzahl der Frauen und Mädchen, die sich ohne Kopfbedeckung auf der Straße und beim Einkauf sehen lassen, steigt ständig. Wegen dieser Umstände will die Regierung neue Gesetze verabschieden, damit sie dagegen gezielt vorgehen kann. (red, 2.6.2023)