Am Samstag soll die Entscheidung fallen, wer die SPÖ an ihrer Spitze in die Zukunft führt.
Heribert Corn

Im seit Monaten geführten roten Führungsstreit sollen am Samstag die Würfel fallen: Bei einem außerordentlichen Bundesparteitag in Linz werden mehr als 600 Delegierte entweder den burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil oder den Traiskirchener Bürgermeister Andreas Babler an die Spitze der SPÖ wählen.

Das Motto des Parteitags bezieht sich nicht direkt auf das Duell, sondern lautet "Soziale Politik für Österreich". Austragungsort ist das Linzer Design-Center. Eröffnet wird der Parteitag von Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, der mit diesem Tag auch seine Funktion abtritt. Nach der Begrüßung durch Gastgeber Klaus Luger, den Linzer Bürgermeister und Unterstützer von Doskozil, konstituiert sich der Parteitag, und die beiden Kandidaten werden präsentiert.

Jeweils eine Dreiviertelstunde bekommen Doskozil und Babler dann Zeit, um ihre Vorstellungen den Delegierten zu präsentieren und diese von sich zu überzeugen. Als Erster wird Doskozil sprechen, danach Babler, der in den vergangenen Tagen wegen seiner umstrittenen EU-Aussagen in der Kritik gestanden ist. Die Reihenfolge folgt einem Losentscheid. Darauf folgt eine Debatte, die wohl beide Lager für Aufrufe für den jeweiligen Kandidaten nutzen werden. Es ist unklar, wann wirklich zur Abstimmung geschritten wird, vermutlich erst am Nachmittag.

Der Gewinner wird nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses – diese Aufgabe obliegt der neuen Leiterin der Wahlkommission, Michaela Grubesa – jedenfalls auch die Bühne betreten und das Schlusswort sprechen. Im Anschluss daran wird der Parteitag wie üblich mit dem "Lied der Arbeit" und der "Internationalen" abgeschlossen.

Parteitag ohne scheidende Chefin

Die scheidende Parteichefin Pamela Rendi-Wagner, die bei der Mitgliederbefragung nur Platz drei erreicht hatte, wird dem Parteitag übrigens nicht beiwohnen. Sie hatte bereits am Donnerstag im Parlament eine Abschiedsrede gehalten und wird sich gänzlich aus der Politik zurückziehen. Begründet wird ihre Absenz damit, dass der neue Vorsitzende im Mittelpunkt stehen soll. Eine Wahlempfehlung will Rendi-Wagner nicht abgeben: "Wer immer gewinnt, dem gratuliere ich schon heute und wünsche ihm alles Gute", sagte sie vor wenigen Tagen im Interview mit der "Krone".

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig zählte zu Rendi-Wagners größten Unterstützern. Offiziell hat er sich nicht festgelegt, wen er am Parteitag unterstützen wird, in den Gremien hatte er sich jedenfalls für Babler starkgemacht. Das überrascht nicht, gilt das Verhältnis zwischen Ludwig und Doskozil doch seit geraumer Zeit als völlig zerrüttet. Nach den Unstimmigkeiten der vergangenen Monate haben die beiden einander am Dienstag zu einem Gespräch getroffen, Details des Vieraugengesprächs wurden allerdings nicht bekanntgegeben.

Ludwig kritisiert Mitgliederbefragung

In einem Interview mit dem "Profil" übte Ludwig am Freitag jedenfalls Kritik daran, dass eine Mitgliederbefragung nötig war, "weil Hans Peter Doskozil nicht auf einem Parteitag gegen Rendi-Wagner antreten wollte, wie es eigentlich vom Statut vorgesehen ist". An der Mitgliederbefragung selbst lässt er kein gutes Haar: "Nachträglich betrachtet hätte man vieles anders machen können, vor allem weil die Mitgliederbefragung die Konflikte nicht gelöst hat." Dass Doskozil in einer Vorstandssitzung mit seinem Rücktritt gedroht hatte, weil von manchen angezweifelt wurde, dass er die Partei einen könne, begrüßte Ludwig im "Profil": Ludwig habe sich bei Doskozil "bedankt, dass er diesen Schritt setzt und ihm dafür großen Respekt gezollt. Er hat den Rückzug aber sehr schnell wieder revidiert."

Eine Umfrage des Instituts für Demoskopie und Datenanalyse für die "Krone" bescheinigt der SPÖ jedenfalls, nach dem über die Bühne gebrachten Vorsitzwechsel in der Wählergunst zuzulegen. Mit Babler käme sie unter den 1.200 Befragten auf 26 Prozent, mit Doskozil auf 25 Prozent, während die Partei zuletzt nur bei 21 Prozent gelegen war. Mit beiden käme die SPÖ vor der ÖVP und nur einen Prozentpunkt hinter der FPÖ zu liegen. Ähnlich sind die Werte der beiden bei der fiktiven Kanzlerwahl: Doskozil liegt mit 21 zu 19 knapp vor Babler. (Sandra Schieder, 3.6.2023)